Yakushima – Safari

Yakushima – Safari

Die eigene Freizeitplanung hatten wir aufgegeben, am nächsten Morgen holte uns Charlotte ab. Draußen tobte schon seit Stunden ein heftiges Gewitter. Die dicken Regentropfen trommelten auf die Blechdächer, ein Wasserfall lief vom gegenüberliegenden Dach in den Garten und der Sturm trieb den Regen aus wechselnden Richtungen gegen unser Fenster. Es stürmte und blitzte und donnerte so, dass wir unser eigenes Wort nicht verstanden. Christian passte einen kurzen, windstillen Moment ab, um ins Auto zu steigen. Ich kam zehn Minuten später raus und konnte in Regen und Sturm das Auto erst garnicht finden. Auf den fünf Metern wurde ich trotz Regenjacke komplett eingeweicht. 

Wir fuhren erstmal ins Yakusigimuseum nach Anbo. Früher wurden die tausende Jahre alten Zedern hier achtlos gefällt und zu teuren Möbeln verarbeitet, die Lebensgrundlage der Menschen auf der Insel, bis es verboten wurde und man zum Glück das Tourismuspotential dieses einzigartigen Waldes entdeckte. Vor dem Museum steht schon eine Lok, mit der die riesigen Stämme einst ins Tal transportiert wurden. Auch im Museum heißt es Schuhe ausziehen, um das Parkett aus altem Zedernholz nicht zu beschädigen. Unsere Jacken ließen wir besser auch gleich draußen. Hauptsächlich geht es hier um die Abholzung im 19.Jh und wir konnten einen interessanten Film über das Leben der Menschen auf der Insel damals sehen, sogar mit englischen Untertiteln. Ausgestellt war auch ein abgebrochener Ast der Jomon Sugi, der 7000 Jahre alten Zeder, die so vielen Japanern als Pilgerziel dient. Der Ast ist selbst so groß wie ein Baum und vermittelte uns eine Vorstellung, wie überwältigend die Jomon Sugi sein muss. Eine riesige Kettensäge, mit der die Bäume gefällt wurden, war so ausgestellt, dass man sie anheben konnte, wir schafften es kaum. Außerdem gab es eine riesige Holzmurmelbahn. 

Der Regen hatte etwas nachgelassen und wir fuhren zum größten Wasserfall der Insel, der bei diesem Wetter natürlich besonders beeindruckend war. Er liegt im Inland, und wir kamen schon an der Straße an herrlichen kleineren Wasserfällen vorbei. Aus den aufgeheizten Wäldern stieg dicker, mystischer Dampf auf. Meine komplett durchgeweichten Schuhe hatte ich nach dem Museum aufgegeben, hoffentlich fällt das keinem Japaner auf. Später kaufte ich aber ein Handtuch, mit dem ich meine Füße wieder unauffällig für das nächste Gebäude herrichten konnte.

Auf der Aussichtsplattform erwartete uns ein spektakulärer Anblick. Vor uns tat sich eine riesige Schlucht aus schwarzen, glattgeschliffenen Felswänden auf, Wassermassen strömten donnernd über die gesamte Breite nach unten in einen riesigen sprudelnden Pool. Der Dunst hüllte die Schlucht in dichten Nebel, der Wind gab den Blick immer wieder für eine Weile frei. 

Langsam ließ der Regen nach und wir machten uns auf den Weg zu einem der Onsen am Meer. Der Onsen war schon besetzt, aber es gab einen winzig kleinen Schrein und eine tolle Aussicht auf das tosende Meer. Wir fuhren zum nächsten Onsen weiter, auch hier gab es eine tolle Aussicht und wir setzten uns in das warme Becken am felsigen Strand. Hier waren wir auch nicht allein, zahllose große Krabben wollten mit uns baden. Schon auf der Fahrt hatte sich uns eine von ihnen in den Weg gestellt. Christian versuchten sie vorsichtig mit dem Regenschirm von der Straße zu scheuchen, aber so schnell gab sie nicht auf. So verloren wir Regenschirm Nummer drei, der nach dem Kampf mit den spitzen Scheren völlig durchlöchert war. Die meisten dieser Tiere waren allerdings eher scheu und versteckten sich schnell in Felsritzen, wenn sie uns entdeckten. Doch sie waren überall.                        

Unterwegs kamen wir noch an einem anderen Wasserfall vorbei, der höchste der Insel. Mit unglaublicher Wucht donnert er in einen brausenden, felsigen Fluss. 

Wir hatten die kleine Insel jetzt etwa zur Hälfte umrundet und die reine Fahrzeit dafür dauerte vielleicht 30 Minuten. Ein winziges weiteres Stück bis zum nächsten Strand sollte nun laut Karte 40 Minuten dauern. Wir wunderten uns noch, was uns dort wohl für eine Straße erwarten würde. Da tauchten vor uns schon drei Makaken auf, die sich auf dem Asphalt räkelten. Dann wurde die Straße schmaler und wir kamen in einen nebelverhangenen Wald mit mystischer Atmosphäre. Hier wurde schnell klar, was die nächsten 40 Minuten passiert. Überall auf der Straße liefen die niedlichen Sikahirsche herum, manche hatten kleine Kitze dabei. Diese Hirschart, Yakushika, gibt es nur hier auf Yakushima. Sie fanden uns wohl so interessant, wie wir sie und machten keine Anstalten uns durchzulassen. So schlängelten wir uns zwischen Hirschen und Makakengruppen langsam zum Strand. Auf den Pfosten am Straßenrand tummelten sich außerdem einige Raubvögel. 

Der Strand sah mit den dicken Regenwolken spektakulär aus. Es war gerade Ebbe und überall gab es kleine Sandbänke, mit Muscheln bewachsene Felsen und Pools mit aufgeregten Garnelen und niedlichen Fischen. In der Morgendämmerung schlüpfen hier tausende Schildkröten.    

An diesem Abend schafften wir es dann doch noch ins Ramenrestaurant nebenan, hatten jedoch vorher noch mit einem weiteren Inselbewohner zu kämpfen. Im Supermarkt gab es scheinbar eine fette, Handtellergroße Spinne gratis. Ich wollte mir etwas aus der Tüte nehmen, da sprang sie heraus, riesig und wahnsinnig schnell. Christian schickte mich irgendwann auf den Flur. Meine panischen Schreie in Kombination mit den Schlaggeräuschen, durch seine Versuche die Kreatur zu fangen, klangen als würde er mich verprügeln. Irgendwann geriet die Spinne in den Mülleimer, also Handtuch drüber und raus damit. Ein Handtuch ist in Japan einfach unverzichtbar. 

Die Fähre zurück ging erst am nächsten Nachmittag. So blieb noch Zeit, um das idyllische Örtchen Miyanoura kennenzulernen. Wir flanierten durch die schmalen Gässchen und ab und zu sahen wir hinter den Dächern der niedrigen Häuser das Meer. Überall gab es hübsche, tropische Gärtchen, Bananenpalmen und unglaublich viele Katzen. In den Bergen hing wieder Nebel und am Fluss trafen wir auf eine riesige Raupe. Außerdem darf auch in einem so kleinen Ort die Pachinkohalle nicht fehlen.

  

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