Wieliczka und Zakopane – Salz und Käse
20 Minuten außerhalb von Krakau, in Wieliczka liegt eine Wahnsinns Sehenswürdigkeit, von der wir erstens noch nie gehört hatten und zweitens, auch gar nicht so viel erwarteten. Ein altes Salzbergwerk, ist vielleicht ganz interessant, kann man sich mal angucken. So unbedarft fuhren wir dann auch hin, bis ich während der Autofahrt schon mal Tickets kaufen wollte. Das war knapp. Es gab nur noch Tickets für eine einzige Tour und bis zu der hatten wir noch viel viel Zeit. So besuchten wir erstmal das Gradierwerk.
Von oben gab es eine gute Aussicht über das riesige Bergwerksgelände, die Kurhotels, Ausstellungen mit Fördergeräten, Parks und noch genutzte Schachteingänge. So langsam dämmerte uns, dass das hier doch nicht irgendein Bergwerk ist.
Schon das Gradierwerk war das größte, das ich je gesehen habe. Es hat zwei Stockwerke und ein Türmchen. Am Eingang liegt ein salzverkrusteter Springbrunnen und unter dem weiß gestreiften Reisig stehen einige Bänke im salzigen Nebel, dort war es schattig und kühl und wir hatten ganz salzige Lippen, nachdem wir eine Weile dort saßen. Über eine Wendeltreppe kamen wir in dem hölzernen, mit tropfendem Reisig verkleideten Turm ganz hinauf zur Aussichtsplattform. Später erfuhren wir, dass nur noch das Salz aus dem Gradierwerk in der Miene abgebaut wird und das auch nur, weil es wegen der regelmäßigen Wassereinbrüche sowieso notwendig ist, das Wasser irgendwohin zu pumpen.
An den Dächern um den Turm herum hängt das Salz schon wie dicke Eiszapfen und auf dem oberen Gang liegen die Pumpen und Überlaufbecken, aus denen das Wasser herunter kommt.
Jetzt ging die Führung bald los. Wir bekamen einen Audioguide, sodass wir unsere Guide von überall hören konnten. Zum Glück, denn Polen sind nicht nur beim Essen schnell. Hier und da mussten wir uns ganz schön beeilen. Erstmal mussten wir aber die 700 Stufen in das Bergwerk hinabsteigen und hofften, das was dran ist, an dem Gerücht mit dem Aufzug nach oben.
Unten gab es gleich die erste von vielen Luftschleusen, in die erstmal die ganze Gruppe rein musste, bevor die zweite Tür geöffnet wurde. Auf beiden Türen war wirklich sehr viel Druck. Der Gang dahinter war aus neuem, duftendem Holz, aber die ältesten Teile der Anlage sind über 500 Jahre alt. Die Gänge sind trotzdem alle breit und hoch, wahrscheinlich gab es da überall Salz zu holen. Die Balken der Decken und Wände sind in den älteren Teilen komplett mit Salz bedeckt und auch der Boden, den wir für Stein hielten, besteht komplett aus Salz. An manchen Stellen wurden sogar Lecksteine als Pflaster verlegt. Die Guide hielt eine Taschenlampe dran, damit wir sehen konnten, dass das Licht hindurch scheint.
Drei Stunden verbrachten wir in den unterirdischen Räumen und erfuhren dann, dass wir nur etwa ein Prozent der Miene gesehen hatten. Dabei war vieles, was wir hier sahen einfach Wahnsinn, und davon sollte es noch viel mehr geben? Vieles, worüber wir hier staunten, war die Handarbeit von Bergleuten und über die gesamte Anlage verteilt. Es gibt verschiedene Ausstellungen mit lebensgroßen Skulpturen aus Salz. Dort ging es z.B. um die Gründungslegende der Miene. Dabei spielte die untreue ungarische Prinzessin, über die wir schon viel in Krakau erfahren hatten, eine entscheidende Rolle. Ein anderer Raum erzählte von den Minenarbeitern, die mit Fackeln nach Gas suchten um es abzubrennen. Die Szene war aus einer höhlenartigen Wand geschnitzt. Die Animation einer Explosion verdeutlichte, wie gefährlich das war. Auch die an der Arbeit beteiligten Pferde hatten ihren Platz. Neben einer originalen Förderanlage gab es ein kleines bewegtes Modell, mit dem man sich die harte Arbeit gut vorstellen konnte. Es gab Statuen von Kopernikus und von Goethe, Goethe ist scheinbar überall.
Später kamen wir an einer Zwergenhöhle vorbei, die Zwerge wurden von deutschen Minenarbeitern mitgebracht, in Polen gab es vorher keine.
An einer Stelle konnten wir aus einer Salzquelle probieren, bäh. Der dazugehörige Brunnen war komplett verkrustet, kein Millimeter Holz war mehr zu sehen. In einem riesigen Raum mit Café, Tischen, Toiletten und Souvenirshops, wie ein kleiner, unterirdischer Markt, machten wir eine Pause. Danach kamen wir zu einer kleinen, hübschen Kapelle.
Später ging es über Treppen durch eine riesige, schummrige Höhle noch tiefer nach unten. Hoffentlich gibt es diesen Aufzug wirklich. Unten liegt ein kleiner See und ein mit Holz verkleideter Gang, durch den man früher mit dem Boot fahren konnte. Im 19. Jahrhundert soll das eine angesagte Veranstaltung gewesen sein, mit unterirdischem Feuerwerk und Häppchen. Jetzt herrscht hier eine friedliche, geheimnisvolle Stimmung.
Seen gibt es einige hier unten, ein anderer ist größer und tiefblau, mit einer Säule in der Mitte, er hat einen ähnlichen Salzgehalt wie das tote Meer. Idyllisch spiegelt sich die Miene in seinem klaren Wasser. Und noch ein anderer ist komplett von einer Höhle umschlossen, die wir über einen Holzsteg betreten konnten. Hier herrscht eine tolle Akustik, wir hörten darin in völliger Dunkelheit ein Klavierstück von Chopin.
Wir kamen schon längst aus dem Staunen nicht mehr heraus und dachten, wir hätten schon alles gesehen, aber diese Miene hatte immer noch mehr zu bieten. Unvermittelt standen wir auf der Galerie eines atemberaubenden Doms, und blickten auf überdimensionalen, salzige Kronleuchter, die sich in einer Line bis zum weit entfernten Altar ziehen. Das alles haben Bergleute geschaffen. Allein dieser Raum könnte als Hauptsehenswürdigkeit des ganzen Landes durchgehen.
Über zwei breite Treppen geht es hinunter in den riesigen Saal, die Wände sind voll mit Nischen, in denen verschiedene Skulpturen stehen. Große Reliefs zieren die Wände, das letzte Abendmahl aus Salz, Szenen aus dem Minenalltag und Bilder, mit wahnsinng tiefer Perspektive, obwohl sie nur wenige cm tief sind.
Die Führung endete in einem mehrere Stockwerke hohen, salzig-bunten Saal mit Panoramaaufzug und Aussichtsterrassen. Fast draußen, dachten wir. Haha. Erstmal legten wir noch eine Pause in der angrenzenden gemütlichen Kantine ein. Die ist wie alle Räume hier aus Salz und ein bisschen Holz. Zeit für ein Stück Kuchen. Auf dem Weg zum Aufzug kamen wir noch durch einen riesigen Festsaal mit Galerie, Bar und Bühne, den man für private Veranstaltungen mieten kann. Dahinter begann die Schlange für die Aufzüge. Als sich die Guide verabschiedet hatte, sagte sie noch, dass wir eine halbe Stunde zurück nach oben brauchen würden, aber die Schlange war jetzt garnicht so lang und wir wurden auch bald reingelassen.
Tja, von wegen fast draußen, die Person, die uns abholte, stellte sich erstmal vor und führte uns nochmal weiter nach unten. Noch eine viertel Stunde wanderten wir durch das salzige Labyrinth, kamen an einer weiteren Kapelle vorbei und noch mehr Salzskulpturen. Dann erreichten wir tatsächlich den Aufzug, er existiert, ist aber nicht so geräumig wie alles andere hier.
Die klaustrophobische Kiste wurde über zwei Stockwerke befüllt, bis sich niemand mehr bewegen konnte. Dann ging es nach unten. Nach unten? Ja, über uns wurden noch mal zwei weitere Kabinen vollgestopft. Zum Glück war die Kiste nicht komplett geschlossen, sodass wir sehen konnten, wie wir durch den Fels nach oben sausten und ein kalter Luftzug Sauerstoff brachte.
Wir beendeten unsere Polenreise da, wo wir sie begonnen hatten, in den Karpathen. Schon die Anreise nach Zakopane war beeindruckend, lange bevor wir ankamen, sahen wir die Gipfel der hohen Tatra und bald wurde die Autobahn kurvig und bergig wie eine Achterbahn und führte uns mitten in die atemberaubende Hochgebirgslandschaft.
Wir kamen spät abends an und hofften, dass uns noch jemand auf den Campingplatz lässt. Ja, da hätten wir wahrscheinlich die ganze Nacht kommen können. Der Platz, für vielleicht 15 Wohnmobile, war der Garten des Platzwarts. In den zwei Tagen, die wir hier waren, fanden wir nicht heraus, wann dieser Mann schläft. Rund um die Uhr saß er in seiner grünen Latzhose auf seinem Stuhl am Sanitärhäuschen und hatte alles im Blick. Eigentlich war er nett und auch echt hilfsbereit. Aber ein bisschen seltsam war es schon, dass jedesmal Toiletten und Duschen sofort nach Benutzung gecheckt wurden.
Wir gewöhnten uns daran. Denn es war der Platz mit der besten Busanbindung und eigentlich auch ziemlich gemütlich. Von dem kleinen Bach hinter der Wiese kamen abends Glühwürmchen hinauf und außerdem bekamen wir haufwenweise Empfehlungen für Wanderungen und Sehenswürdigkeit.
Mit dem Bus fuhren wir zur Seilbahn und kamen unterwegs an zahlreichen wunderschönen, verschnörkelten Holzhäusern vorbei. Viele davon waren sogar ganz neu gebaut, in dem speziellen Baustil hier, mit ganz steilen Dächern damit der Schnee gut runter rutscht.
Tickets nach oben auf den Kasprowy Wierch zu kaufen war garnicht so einfach, oder super einfach und wir zu kompliziert. Wir kamen zuerst an einer Reihe Automaten vorbei, wo uns Tickets für in zwei Stunden angeboten wurden. Hinter uns gab es einen Priority Schalter, mit Tickets zum doppelten Preis. Zähneknirschend drehten wir uns um und näherten uns der Verkäuferin, die uns aber gleich kopfschüttelnd weg scheuchte, zur Schlange am ganz normalen, aber gut versteckten Ticketschalter.
Dort wurden wir zum regulären Preis sofort in eine gläserne Gondel gestopft, bis niemand mehr rein ging und sausten nach oben. Weil es so heiß war, hingen die Kabel furchtbar durch und wir wurden an jedem Pfosten gut durchgeschaukelt. Die Aussicht war während der Fahrt schon atemberaubend, erst ging es über einen kleinen Wald und weite Wiesen, in der Ferne sahen wir das Tal, in dem sich die Stadt am Fluss entlang schlängelt. Dann wurde die Landschaft schroffer und Felsen ragen wie einzelne Finger in die Höhe. In alle Richtungen gab es eine weite, atemberaubenden Aussicht. Zwischendurch, als es steiler wurde, mussten wir in eine andere Kabine umsteigen.
Oben hatten wir mit einer Aussichtsplattform gerechnet. Aber uns erwarteten weitläufige Wanderwege zu verschiedenen wunderschönen Aussichtspunkten und zu anderen Gipfeln. Ein Sessellift fährt in ein grünes Tal. Zwischen grünen Wiesen leuchten einige Bergseen und hier und da ragt einer der Felsfinger auf. Wir wählten den Weg nach oben, wo die Aussicht immer herrlicher wurde. In alle Richtungen erstrecken sich Bergrücken und Täler. Das Seilbahnticket begrenzt den Aufenthalt auf dem Berg, nach 90 Minuten mussten wir zurück.
Von der unerwarteten Wanderung hungrig, fuhren wir in die Stadt und suchten ein Restaurant, in dem wir die lokale Küche probieren konnten. Im Góralska Tradycja wurden wir fündig. Einen Teil davon kannten wir schon. Der geräucherte Käse kommt aus Zakopane. Wie zu erwarten war der hier besonders gut und räucherte sogar noch am Tisch. Eine andere leckere regionale Spezialität ist gebratene Entenkeule mit Pflaumensoße.
Nach dem Essen erkundeten wir das Stadtzentrum. Schön sieht es hier aus, hübsche Holzhäuser am Fluss aufgereiht. Allerdings fehlt jegliche Atmosphäre, ein reiner Touriort, hauptsächlich auf Skiurlauber ausgelegt. Plastikschrott trifft blutig gescheuerte Kutschpferde in geschmacklosen Schlagerkneipen. Wir versuchten es auch mit Alkohol, aber wurden mit der Stadt wir nicht warm.
Den Abend verbrachten wir auf dem Campingplatz. Vom Wasserfall am Bach kam etwas kühle Luft hinauf und im Schatten der Bäume ließ es sich jetzt, wo die Sonne schon tief stand, aushalten. Später gesellten sich wieder die Glühwürmchen zu uns.
Nachts half auch die kühle Bachluft nicht mehr, es wurde einfach immer wärmer. Am nächsten Morgen war es schon vor neun sengend heiß. Eigentlich wollten wir wandern, die Landschaft ist hier so schön. Tapfer stellten wir uns noch Proviant für eine größere Tour zusammen und drückten uns dann den Rest des Vormittags unter provisorisch am Kofferraum befestigten Handtüchern rum, um irgendwie der Sonne zu entgehen. Am Mittag gaben wir unseren letzten Urlaubstag auf. Wir würden uns nicht aufraffen können, stundenlang bei 38 Grad durch die Sonne zu latschen und auch keinen Spaß daran haben. Der Proviant landete in der Kühlbox und wir auf der Autobahn nach Hause.