Victoria – Rabat, das mit der Zitadelle 

Victoria – Rabat, das mit der Zitadelle 

Wir wechselten unseren Standort nach ein Paar Tagen nach Victoria. Wir sind jetzt so oft durch die Inselhauptstadt gefahren und fanden sie wunderschön, sodass wir hier noch etwas Zeit verbringen wollten. An der langen Hauptstraße, den Hügel hinauf, reihen sich die schönsten maltesischen Häuser mit bunten Balkonen aneinander. Die Straße macht aber auch schon den größten Teil der Stadt aus. 

Eigentlich nennt niemand diese Stadt Victoria, früher hieß sie Rabat und dabei bleibt es. Adressen, Bushaltestellen und Geschäfte werden mit Rabat angegeben. Wen interessiert schon dieses andere Rabat auf Malta. 

Der große Kreisel hier, durch den scheinbar der gesamte Verkehr Gozos fließt und die kaum passierbaren Kurven, in denen uns meist noch ein Bus entgegen kam, haben uns in den letzten Tagen einige Nerven gekostet. Ja, ich kann es nur wiederholen, wäre das Auto doch nur schon etwas verbeulter. Nun mischen wir uns als Fußgänger ins Treiben und bringen den Verkehr an den völlig unpassend platzierten Zebrastreifen zum Erliegen.    

Direkt an diesem Kreisel liegt auch unser Hotel und dahinter ist Victoria, das mit der großen, dicht bebauten Hauptstraße vorgaukelt, eine große Stadt zu sein, auch schon wieder zu Ende. Allerdings ist auf der anderen Straßenseite noch etwas Stadt dran. Auf unserer Seite gibt es nur die Zitadelle und die einzubauen, wäre auch eine Schande. 

Auf der anderen Seite der Hauptstraße gibt es mehrere Plätze, doch ausnahmsweise wird auf keinem davon in dritter Reihe geparkt oder überhaupt geparkt. Wie in einer richtigen großen Stadt gibt es einen großen öffentlichen Parkplatz und man geht den Rest des Weges zu Fuß, auch als Malteser. Zwischen den Plätzen und der Hauptstraße schlängelt sich ein Labyrinth aus Gassen, durch die nun wirklich kein Auto passt. Oh, oder doch. Die Altstadt ist so verworren, dass man sich nur verlaufen kann, keine Chance. Manchmal enden Gassen auch erst nach mehreren hundert Metern unangekündigt als Sackgasse, aber irgendwie landet man doch immer wieder überraschend auf einem der Plätze. Kleine Läden drängen sich dicht aneinander, in einem Supermarkt sind die Regale sogar höher als lang und nur über eine Leiter zugänglich, und der ein oder andere Mönch aus den Klöstern der Gegend mischt sich unter die Touristen und Gozianer, die zum Einkaufen in die Stadt kommen. Ich könnte Tage durch diese Gassen schlendern.

Kurz vor Sonnenuntergang bietet sich hier im Herbst ein besonderes Spektakel. Zugvögel machen in Malta Pause und in Victoria gibt es einen der wenigen Orte, an dem gleich mehrere Bäume stehen. Am Abend versammeln sich hier zahllose Vögel, es müssen tausende sein, und bieten ein so lautes Zwitscherkonzert, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Auch der Verkehrslärm direkt an die Hauptstraße im Berufsverkehr ist nicht mehr zu hören. Das ganze dauert eine Stunde, bis zum Einbruch der Dunkelheit und ist dann schlagartig vorbei.             

Der schönste Ort in Victoria und vielleicht auf ganz Gozo, ist die Zitadelle. Eigentlich eine eigene kleine Stadt, die teilweise aus Ruinen besteht, aber auch aus erhaltenen und wieder aufgebauten Häusern. Alles in Maltagelb. Nach dem Überfall der Türken auf Gozo verbrachte die komplette Bevölkerung der Insel die Nächte hinter diesen Mauern. Ein Gewirr aus Tunneln, steilen Treppen, Gängen und unübersichtlichen Gassen hielt uns den ganzen Tag hier oben. Überall gibt es Aussichtspunkte, kleine Geschäfte und Galerien. 

Außerdem ist die Anlage so wundervoll für Besucher aufbereitet, es gibt nicht das eine Burgmuseum, sondern viele kleine Museen, die über das ganze Gelände verteilt sind, so ergibt sich ein perfekter Mix aus Spaziergang, Besichtigung, Aussicht und Kaffeepausen. Besonders schön ist das historisches Wohnhaus, in dem sich mehrere Wohnungen befinden, die sich Küchen und den Brunnen teilen und mehrere hübsch bepflanzte Innenhöfe haben. Nicht weit davon liegt das kleine Gefängnis. Im Archäologischen Museum konnten wir einige der Skulpturen aus dem Ggantija-Tempel bestaunen.

Für eine Pause fanden wir ein verwinkeltes Cafe in einem anderen Wohnhaus mit Dachterrasse. Es blieb uns ein Rätsel, wie die heißen vollen Getränke über die enge Wendeltreppe nach oben kamen.         

Das Highlight der Zitadelle ist die Kirche, besonders eindrucksvoll, wenn man sie über die breite Treppe von unten betritt. Der Boden besteht aus Grabsteinen und die Gruften sind teilweise mit gruseligen Totenköpfen verziert. Außerdem scheint man hier eine etwas verstörende Sammelleidenschaft für Reliquien zu haben. Neben einzelnen Knochen verschiedener Heiliger befindet sich die Mumie eines Bischofs in einem gläsernen Sarg und in einem anderen das Skelett der heiligen Lucia in Plastikkleidung mit Fensterchen verpackt, sodass man Hand- und Fußknochen und ein paar Rippen sehen kann.   

Eine andere Überraschung hält die Decke bereit, sie scheint eine große Kuppel zu haben, obwohl von außen keine zu sehen ist. Ah, ein kurzer Perspektivwechsel lüftet das Geheimnis, die Kuppel ist nur aufgemalt.

Außerhalb von Viktoria gibt es eine weitere sehenswerte Kirche, oder genau genommen, hunderte. Aber wir wollten nur noch diese eine besichtigen, Ta Pinu. Die Kirche selbst ist zwar ganz hübsch, aber von innen eigentlich nichts besonderes. Doch sie steht mitten im Nirgendwo, als Blickfang in karger flacher Landschaft und ist umgeben von einem großen Hof, mit wunderschönen Mosaiken. Ausnahmsweise fuhren wir mit dem Bus, denn wir hatten Angst, später in Viktoria keinen Parkplatz zu bekommen. Die ganze Insel scheint sich am Samstag in dieser Stadt aufzuhalten. Ja, das ist vielleicht noch absurder als das beliebte “in dritter Reihe Parken und Rangieren”. 

Vor der Kirche kamen wir in den Genuss einer Kaktusfeige, wir hatten schon zahlreiche Obstgeschäfte abgesucht, denn probieren wollten wir das stachelige Ding gerne, aber nicht selbst pflücken und schälen. Hier stand ein Obsthändler an der Straße, bei dem wir eigentlich nur Wasser kaufen wollten und bot welche an. Er entfernte uns die stachelige Schale. Die Frucht war zwar lecker, hatte aber genauso viele große Kerne, wie Fruchtfleisch und dort wo wir aßen, wachsen sicher bald viele neue Kakteen.

Langsam wurde es Zeit, Gozo wieder zu verlassen, denn es gibt auch auf Malta noch so viel zu sehen. Dieses Mal kamen wir noch pünktlicher zur Fähre. Wir waren noch mit Parken beschäftigt, da ging auch schon die Klappe hoch und wir schafften es gerade noch, das Parkdeck zu verlassen, bevor sich die Tür schloss. 

Auf dem Rückweg kamen wir am Nordende Maltas durch eine überraschend grüne Gegend, ein kleines Tal mit einem richtigen Wäldchen. Irgendwo muss es hier doch Wasser geben.

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