Transitflug über die USA – besser nicht

Transitflug über die USA – besser nicht

Panama-City, da wollten wir hin, ein Flug mit Umsteigen hat bisher immer gut funktioniert. Was soll schon schief gehen? Was wir bei der Buchung nicht wussten, die USA kennen kein Transit. Schnell war klar warum, So ein Transitflug ist ja recht komplex und das schlechte Bildungssystem lacht in diesem Land aus allen Ecken.

So hieß es für uns also: Visum beantragen, Gepäck abholen, einreisen, Gepäck aufgeben, ausreisen, Sicherheitskontrolle, Flugzeug, statt des üblichen Aussteigen, Einsteigen, Weiterfliegen. Und nach Einreisen war dann auch erstmal Schluss. Bis zum Boarding war es noch eine dreiviertel Stunde aber der Check-In Schalter war bereits geschlossen, da war nichts zu machen. 

Wir suchten einen Lufthansa-Schalter und fanden nur einen Check-In Schalter für einen Flug nach Frankfurt. Unser Flug sei noch nicht abgefertigt, wir sollten hier warten bis er weg sei, dann würden wir umgebucht. 

Währenddessen hatten wir genug Zeit, um uns diesen katastrophalen Flughafen anzusehen. Eine eigene Sehenswürdigkeit, die uns sehr amüsiert hätte, wären wir nicht darauf angewiesen, dass dieser Flughafen irgendwie funktioniert. Mitten im Nirgendwo, auf einer hunderte Quadratkilometer großen, ungenutzten, kahlen Fläche, steht dieses extrem winzige, internationale Terminal, gefüllt mit tausenden Passagieren. Alle Abflugschalter teilen sich vier Gepäckbänder. Fällt eins aus, stapeln sich die Koffer hinter dem Tresen um die Füße der Flughafenmitarbeiter. Ist dieser Bereich voll, werden Kofferhaufen in der ohnehin schon überfüllten Halle gebildet und mit Absperrband umzäunt. Ja, vielleicht kommen wir hier irgendwann wieder weg, aber sehen wir unser Gepäck nach der Aufgabe jemals wieder?

Idiocracy, eine Komödie? Oder doch eine Dokumentation? Sind die riesigen freien Flächen um den Miniterminal vielleicht einfach mit Gatorade gedüngte Felder? Die Vermutung drängte sich uns jedenfalls nach und nach auf. Die üblichen mit Bändern geführten Lanes an jedem Flughafen kannten wir bisher nur nebeneinander. So ein Quatsch, es ist doch viel lustiger, die Bänder kreuz und quer zu spannen und zahllose, vermutlich völlig unterbezahlte Leute an die Kreuzungen zu stellen um den Fußgängerverkehr durchzuleiten und alle paar Minuten das Band von einer Lane auf die andere umzuhängen. Wir waren uns sicher, viele Lanes enden in Sackgassen. Und noch hatten wir Hoffnung, das heute noch herauszufinden. 

Die Lufthansamitarbeiter, die uns gebeten hatten zu warten, schlichen sich nach und nach davon. Nur ein leerer Schalter und ein großer verwaister Kofferhaufen blieben zurück, und wir. Alle anderen Schalter wo man uns hätte weiterhelfen können, waren ebenfalls nicht besetzt. Alle Leute, die an einem Informationsschalter arbeiten gehen gleichzeitig in die Pause oder in den Feierabend. So sorgt man für eine gleichmäßige Arbeitsverteilung, sonst hätte ja jemand mehr zu tun, wenn ein anderer auf dem Klo ist. 

Der Lufthansa Service Chat verwies und an die Hotline. Servicezeiten 9-17 Uhr, herzlichen Glückwunsch, es ist drei Uhr nachts. Mittlerweile waren wir schon seit mehr als drei Stunden gestrandet. 

Eine andere gestrandete Frau machte schließlich einen Copa Mitarbeiter ausfindig und folgte ihm so lange, bis er uns Leute von Lufthansa brachte, die uns endlich umbuchten. Sie waren zu dritt und brauchten über zwei Stunden, für Flug und Hotel. Mittlerweile standen wir über fünf Stunden an diesem Flughafen und ich hätte ihnen sehr gern beim Buchen geholfen, hatte aber Angst zu fragen. Texas gleicht ja sein schlechtes Bildungssystem mit der unbegrenzten Verfügbarkeit von Waffen aus und ich wollte hier niemandem auf die Füße treten. 

Im Hotel dauerte es weitere zwei Stunden, bis wir die reservierten Zimmer bekamen, obwohl wir die einzigen fünf Gäste waren, die gerade ankamen und zwei Leute an der Rezeption arbeiteten. Viele Leute in diesem Land sind scheinbar sehr schnell mit sehr einfachen Dingen überfordert. Zum Glück wird hier alles ausführlich erklärt, zum Beispiel steht an einer Ampel mit einem Pfeil nach links auch immer nochmal extra daneben, dass dies das Signal zum Linksabbiegen ist. Wenigstens lesen können scheint hier also weit verbreitet.

Zwei Tage später schafften wir es tatsächlich im Lanelabyrinth zum richtigen Schalter und überraschender Weise war hinter der Ausreise total viel Platz für zahllose übergroße Geschäfte mit übergroßen bunten Dingen. Wir hatten noch Zeit zum Mittagessen und suchten uns einen Burgerladen, denn das Essen überraschte uns. Ja, es war immer Fastfood und viel zu fettig, aber für zwei Tage doch ganz schön lecker. Noch mehr überraschte uns, dass es sogar in den Restaurants im Flughafen Livemusik gab und die war sogar ganz gut.             

Nachtrag: Der Flughafen in Washington war genauso sehenswert wie der in Austin. Kofferhaufen sind scheinbar obligatorisch in den USA und wir hätten beinahe unseren Anschlussflug trotz vier Stunden Umstiegszeit verpasst, weil wir fast drei Stunden an der Einreise standen und dabei waren wir weit vorne in der Schlange. Hinter uns kollabierten währenddessen die meisten älteren Leute, aber die zu wenigen Beamten an der Einreise wurden einfach mit zahllosen Hilfsarbeitern ausgeglichen, die die kollabierten Leute zu hunderten in Rollstühle verfrachten und wie herrenlose Gepäckstücke in der Nähe der Schalter abstellten. Wenigstens das machte einen routinierten Eindruck. Unsere Rucksäcke waren bis dahin in einem der zahllosen Haufen untergearbeitet worden und längst nicht mehr am angegebenen Band, weil dort schon kein Platz mehr war. Zum Glück haben wir keine schwarzen Koffer, die würden wir wohl jetzt noch zwischen den Gepäckbändern suchen. 

An der Sicherheitskontrolle wurde ohne den kleinsten Hinweis meine Tasche ausgeräumt und manche Sachen kamen wahrscheinlich erst viel später wieder raus, als wir längst weg waren. Im Trubel bemerkte ich erst am Gate, dass meine Tasche leerer und leichter war. Am traurigsten war ich über den Verlust meines neuen Panamahutes, der auch nicht gerade billig war. 

Nun hatten wir etwas mehr Zeit, der Flug hatte zwei Stunden Verspätung und ich plante einen Rettungsversuch für meinen Hut, mit dem ich mich schon nach Hause auf unseren sonnigen Balkon geträumt hatte. Allerdings war die Sicherheitskontrolle weit weg und ist ja rückwärts auch nicht ausgeschildert. Vorsichtshalber packte ich meinen Pass ein. Der Weg bis zur Bahn zurück war noch einfach, ab da, volles Risiko. Ich stieg mal ein und fuhr eine Station, dort müsste es eigentlich sein. Zum Glück fiel mir rechtzeitig auf, dass natürlich die Leute in dieser Bahn gerade angekommen waren und mich der Menschenstrom wieder zur Einreise führen würde. So viel Zeit hatte ich dann doch nicht. Für einen kurzen Moment waren beide Türen der Bahn geöffnet und ich rannte durch. Jetzt nur noch die vielen Treppen hoch, alle Rolltreppen führten nach unten, meine Richtung war ja nicht vorgesehen und da lag mein Hut und dekorierte einen Schalter. Auffällig viel Zeug lag hier rum, die meisten Leute merken wohl erst zu Hause, was alles fehlt. 

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