Tokyo – Akihabara Elektrostadt

Tokyo – Akihabara Elektrostadt

Das Abenteuer Japan startete schon am Flughafen in Frankfurt. Das Flugzeug hatte eine  Star Wars Lackierung, naja, das kann schon mal vorkommen. Beim Einsteigen wurden wir mit der Star Wars Titelmusik begrüßt und die Flugbegleiter trugen die passenden Schürzen. Irgendwann tauchte in der Küche eine lebensgroße Yoda Puppe auf, die dann immer wieder an anderen unerwarteten Orten gesehen wurde.

Außerdem konnten wir uns schon auf die komplizierte japanische Schuhkultur einstellen. Wie konnten wir bloß ohne Flugzeughausschuhe auf Reisen gehen. 

In Tokyo angekommen fuhren wir erstmal zur JAF um unsere Führerscheine übersetzen zu lassen. Es war schon später Nachmittag und unsere erste Begegnung mit einer japanischer Behörde führte gleich zur nächsten Verwunderung. Wir hofften, in den nächsten Tagen eine Übersetzung zu bekommen und waren nicht sicher, ob das klappt. Die Mitarbeiter bedanken sich, dass wir gekommen waren, verbeugten sich und entschuldigten sich mehrfach, dass es heute nicht mehr klappen würde und wir die Übersetzung erst morgen abholen könnten.

Nun machten wir uns auf den Weg zu unserer Unterkunft, in einem gemütlichen Holzhaus in einer Seitenstraße in Ueno. Eigentlich ist es eher ein kleines Restaurant mit ein paar Zimmern und dem obligatorischer Getränkeautomaten vor der Tür.

Unser erster Tag in dieser Stadt begann mit Regen, wie es ihn wohl nur in Japan gibt. Er prasselte auf unsere Terrasse und den überwachsenen Innenhof und sorgte schon früh am Morgen für eine unfassbare Luftfeuchtigkeit.

Wir frühstückten erstmal, eine Misosuppe, einen gegrillten Fisch, Ei, Reis und Natto mit Senf und hofften auf besseres Wetter. Aber der Regen schien nie mehr aufzuhören. zum Glück gibt es an jeder Straßenecke einen Conbini, mit Regenschirmen im Sortiment. 

Wir wollten den Tag in Akihabara verbringen, und machten uns zu Fuß auf den Weg, bis das bunte Viertel plötzlich hinter einer Metrobrücke vor uns auftauchte. Wie aus dem Nichts standen wir plötzlich inmitten bunter Hochhäuser, die über und über mit Werbeplakaten und riesigen Monitoren bedeckt waren, zwischen verkleideten Menschen und lauter Musik. Die verrücktesten Läden, Bars und Restaurants stapeln sich in der Elektrostadt übereinander. 

Als erstes lockte uns das Taito Games Center auf der anderen Straßenseite. Als wir die Straße überqueren wollten fuhr eine Gruppe in Supermariokostümen mit Karts vorbei.

Das Taito Center erstreckt sich über mehrere Stockwerke. Wir starteten mit dem Staunen ganz unten, in einer großen Halle die mit Angelautomalten gefüllt ist. Und in denen gibt es so ziemlich alles, natürlich Plüschtiere, Pokemons und andere Sammelfiguren, aber auch Kosmetik, Nahrungsergänzungsmittel, Lebensmittel, und Snacks. Wir versuchten es garnicht erst.

Im zweiten Stock gibt es Spielautomaten mit Autorennen, Ballerspielen, Geräte zum Tanzen, und und und. Wir entdeckten eine Kabine mit Vorhängen, in der es ziemlich finster war. Darin fanden wir Zombies in 4D und ließen uns auf ein ein paar Level ein. Das Spiel hatte eine Pulsanzeige und meiner war ganz schön hoch. Kein wunder, denn die Zombies kamen nicht nur in 3D auf uns zu, sondern kratzten uns, atmeten uns an rüttelten am Sitz und ab und zu bekamen wir auch einen Blutspritzer ab.

Im fünften Stock gibt es auch Spielautomaten aber es ist verrauchter als unten und mehr los. Jugendliche in einheitlichen Schuluniformen zeichnen hier mit weißen Handschuhen in Lichtgeschwindigkeit Muster nach, andere spielten virtuelle Musikinstrumente. 

Im dritten und vierten Stock gibt es noch mehr Angelautomaten, mit Geschirr, Bildern und Mangafiguren. Japaner sammeln gern und einige Artikel gibt es wohl ausschließlich in diesen Automaten, deshalb sind sie so beliebt.

Der Regen hatte mittlerweile aufgehört, wir zogen weiter. 

Im Nachbarhaus gibt es einen der zahlreichen Läden, in dem man kaum durch die schmalen, vollgestopften Gänge passt. Unten sind die Regale mit kitschigen Kram, fragwürdigen Mangafiguren und eher nutzlosen, bunten Gadgets gefüllt, im ersten Stock geht der Laden fließend in einen Sexshop über, in Japan scheint man das nicht so richtig zu trennen. 

Wir zogen weiter und kamen bald zu einigen Imbissfenstern. Hier gibt es übertriebene Crepe mit Kuchen drin und nebenan eine lange Schlange bei den Takoyaki. Wir stellten uns an. Während wir die leckeren heißen Teigbällchen am Straßenrand aßen, beobachteten wir die bunt verkleideten Menschen die hier vorbei kamen. 

Zufrieden zogen wir weiter. 

Wohl eines der seltsamsten Hobbys in Japan ist Pachinko. Oder ist es eher eine Spielsucht? Auf mehreren riesigen, völlig verrauchten und unerträglich lauten Etagen sitzen hauptsächlich Männer im grellbuntem Neonlicht, dicht an dicht an den bunten Automaten und hoffen darauf, mehr von den winzigen silbernen Kügelchen herauszubekommen als sie hineingeworfen haben. Glücksspiel um Geld ist in Japan verboten, also spielen sie um kitschige Figuren, die sie in den seltsamen Läden in der Nachbarschaft originalverpackt zu Geld machen können, oder um Kartoffelchips und Zigaretten. Uns bereiten die überfüllten Pachinkohallen, die es hier an jeder Straßenencke gibt, schon von weitem Kopfschmerzen. 

Wir zogen weiter und wechselten die Straßenseite um gegenüber die kleinen Seitenstraßen zu erkunden.

In einem eher unauffälligen Wohnhaus fanden wir im zweiten Stock ein Robotergeschäft. Ein Pepper begrüßte uns am Eingang, er redete ziemlich viel und lief uns nach, sprach aber leider nur Japanisch. Der Laden hatte auf einer winzigen Fläche ein unglaubliches Sortiment an Teilen um jede Art von Roboter selbst zu basteln und dazu noch eine Auswahl an fertigen kleinen Freunden, die uns alle ein bisschen anplapperten und nebenbei Fußball spielten oder zeigten, was sie sonst noch alles konnten. Schade eigentlich, dass wir gerade keinen Roboter brauchen, manche waren wirklich niedlich. Außerdem gab es eine kleine Ausstellung von älteren Modellen und für den kleinen Geldbeutel Dekomodelle aus Pappe.

Wir zogen weiter. 

Draußen gibt es in diesen Seitenstraßen haufenweise Grabbelkisten mit Festplatten, Kameras, Navis und allem möglichen Elektrokram.

Wir zogen weiter. 

Zurück an der Hauptstraße landeten wir in einem Kaufhaus mit noch mehr kitschigen Sammelartikeln. Hier gibt es Läden für jede Art von Plastikfiguren, Sammelkarten, Handyhüllen, die das Telefon in ein Plüschtier verwandeln, Puppen zum selbst basteln mit allen möglichen Kostümen und Farben zum anmalen. Die Kostüme gab es zu verschiedenen Themen, Grimms Märchen, Steampunk, Porno,… und dazu Möbel und Puppenhäuser. 

Wir brauchten eine Pause. 

Wir wählten das nächstbeste Suppenrestaurant an einer Straßenecke. Das Nummerierte Plastikessen im Schaufenster und ein Automat am Eingang, an dem wir das Essen auswählen und bezahlen konnten machten uns die Pause leicht. Wir bekamen vom Automaten einen Zettel, den wir drin nur noch dem Koch geben mussten. Wenige Minuten später hatten wir eine leckere Suppe. Zum Glück war die Mittagszeit längst vorbei, denn der Laden hatte nur eine kleine Theke zur Essensausgabe und zwei Tische mit acht gedrängten Hockern. Die Japaner schlürften ihre Suppen schnell aus und waren wieder weg, kaum dass sie mit dem Essen angefangen hatten. Wir ließen uns etwas mehr Zeit für unsere erste Nudelsuppe.

Wir brauchten noch mehr Pause und was könnte entspannender sein als ein Katzencafe? 

Auf dem Weg dorthin zogen wir noch etwas durch die labyrinthartigen Gänge der ursprünglichen Elektrostadt. Ein riesiger Markt aus Elektroschrott der sich in und zwischen den Untergeschossen der Häuser hindurch zieht. Teilweise sind die Decken so niedrig, dass man kaum aufrecht stehen kann. Ab und zu zweigt ein weiteres Stockwerk nach oben oder unten ab. Hier wird alles verkauft, was irgendwie mit Elektronik zu tun hat. Kabel, Sicherungen, Kameras, Glühbirnen, Stecker, auf einem riesigen und gleichzeitig erdrückenden Gelände.          

Das Katzencafe fanden wir im vierten Stock ohne Aufzug, deshalb keine Schlange, im Gebäude gibt es noch ein Häschencafe und ein Maidocafe, später vielleicht. Das Katzencafe hat zwei Stockwerke, das untere ist wie ein altes gemütliches Wohnzimmer eingerichtet, mit schweren Tischen und Sesseln und Bücherregalen, vollgestopft mit Katzenmangas. Daneben gibt es einen Raum in dem sich die Tiere zurück ziehen können. Darüber liegt ein großes Tatamizimmer mit Kratzbäumen und Hängematten. Die Katzen saßen überall, auf dem Tisch, auf den Schränken und im Bücherregal. Andere tobten durch den Raum. In wenigen Minuten waren wir mitten im lauten hektischen Akihabara völlig entspannt. 

Leider fiel uns in diesen wenigen Minuten auch unsere Katzenhaarallergie wieder ein und das es wohl doch nicht so eine schlaue Idee war hierher zu kommen. Auf dem Tisch stand für solche Fälle eine Taschentuchbox und als ich mich bediente flog eine Fellwolke mit heraus.  

Ich entschied, mir lieber das Gesicht zu waschen und entdeckte im Bad eine noch verwirrendere Toilette, als die in unserer Unterkunft. Neben den hunderten Knöpfen für die Standardfunktionen gab es hier noch zahlreiche verschiedene Geräusche zur Auswahl, außerdem eine beheizte Klobrille die mit einem rosa Katzenteppich beklebt war.

Wir zogen weiter.

Am Abend waren wir zu viert. Tokyo scheint der perfekte Ort um Freunde aus dem Studium zu treffen. Nach einem Begrüßungsbier auf unserer Terrasse machten wir uns  auf die Suche nach einem Restaurant und fanden einen Platz in einem Izakaya im Separee. 

Izakayas sind eher Kneipen, in denen man aber trotzdem ziemlich gut essen kann, weil in Japan Essen zum Trinken dazu gehört. Hauptsächlich gibt es Kleinigkeiten zum teilen. Wir bestellten reichlich davon, Edamame, gegrillte Fische, Sushi, frittierte Hähnchenbällchen und und und. Außerdem gibt es immer ein winziges Tagesgericht, das man ohne Bestellung bekommt und auch bezahlen muss, als Tischgebühr, falls man eigentlich nur etwas trinken möchte. Heute war das gesalzenes Tofu. Über die obligatorische, praktische Klingel am Tisch bestellt wir mehrfach Leckereinen nach.

Wir bekamen von den anderen zum Glück alles über Schuhe und Toiletten erklärt. Die wichtigsten der zwanzig Knöpfe am Klobecken und wann wir wo unsere Schuhe ausziehen müssen und andere an, oder garkeine an, oder oder. 

Grundsätzlich gilt die Regel, beim Reinkommen Schuhe aus wo eine Stufe ist, vor der Toilette die winzigen Pantoffeln an, die davor stehen und auf garkeinem Fall mit denen aus versehen zurück zum Tisch laufen. Keine Stufe – Schuhe anlassen, aber das gibt es eigentlich so gut wie nie.

Im Izakaya ließen wir die Schuhe einfach wie alle anderen an der Stufe irgendwie von den Füßen fallen und irgendjemand sortierte sie ordentlich in Paare und stellte sie in ein Regal. In anderen Restaurants kann man die Schuhe auch in einem Körbchen mit zum Tisch nehmen.  

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