
Phu Luong – Achtung Wasserbüffel
Noch vor Sonnenaufgang wurden wir von unserem Tourguide Toan und drei Fahrern am Hotel abgeholt. Es hatte geregnet, die Straße war ziemlich glitschig und wir hatten etwas Respekt vor der langen Motorradfahrt. Der Verkehr war glücklicherweise nicht so dicht wie in Hanoi aber trotzdem etwas gruselig. Neben uns tauchte ein Linienbus auf, fuhr langsamer und ein verängstigt guckender Fahrgast wurde mit einem Schubs vor uns nach draußen befördert. Wir holten noch zwei andere Leute ab, und verließen die Stadt. Etwas außerhalb schlängelten wir uns über einen riesigen Markt und dann im Morgennebel durch die trockene Ha Long Bucht. Immer wieder tauchten die riesigen Felskegel gespenstisch in der flachen Landschaft aus dem Nebel auf. Dann zog sich die Straße durch Reisfelder. Leute mit flachen großen Hüten setzten die Pflänzchen in einer geraden Reihe ins Wasser.
An einem Fluss türmten sich Menschenmassen auf einem Bootssteg und wurden in kleinen Booten abgeholt. Wegen des Neujahrs waren sie auf dem Weg zu einer Pagode. Auch an einer anderen Pagode waren zahllose vollgestopfte Busse unterwegs.
Auf einem anderen Fluss gab es kleine Fischerdörfer mit Hausbooten. Und auch in den den Dörfern gab es Interessantes zu sehen. Spielende Kinder, die uns ein fröhliches “Hello” zuriefen, ein Moped mit zwei Schweinen, Karren mit Wasserbüffeln,… und ab und zu wurde die Verkehrslage abenteuerlich, zum Beispiel als wir einen mit Bambus beladenen LKW überholten und dabei plötzlich in einer Schar Hühner landeten.
Auf einem Bauernhof legten wir eine Teepause ein und am frühen Nachmittag verwandelte sich die Straße in einen löchrigen Feldweg. Von hier ging es zu Fuß weiter durch den Phu-Luong Nationalpark. Die Leute hier gehören der Minderheit der Tay an. Zwischen Reisfeldern und Dschungel leben sie in hübschen, gemütlichen Stelzenhäusern, die meist nur ein Zimmer haben, das einige in den nächsten Tagen mit uns teilten. Durch die Stelzen können im Dschungel keine wilden Tiere in die Wohnung kommen und auf dem dünnen Holzboden ist es nachts zum schlafen kühler.
Vom kurvigen Weg hatten wir immer wieder einen wahnsinns Ausblick über die Reisterrassen, ab und zu kamen neugierige Kinder mit lauten “Hello” Rufen herunter gelaufen. Ausländer kommen hier noch nicht so oft durch. Auf den Feldern pflügten Leute mit ihren Wasserbüffeln den Boden. Das Gelände ist seltsam unübersichtlich. Obwohl wir meinten, alles überblicken zu können, stand trotzdem ab und zu plötzlich aus dem Nichts ein Mensch oder ein Büffel vor uns.
Überall gab es Tierbabys, Enten- und Hühnerfamilien und Hundebabys. Als es dämmerte, erreichten wir unsere Unterkunft, eine kleine Stelzenhütte mitten im Reisfeld, weit oben im Gebirge. Das Pärchen, das dort lebte erwartete uns schon. Unter dem Haus gibt es eine gemauerte Küche und eine Art Badezimmer, oder eher einen Raum mit zwei Wasserhähnen. Zur Begrüßung beakamen wir Tee und genossen den Blick über die Felder, wärend unser Gastgeberin AnhLi das Essen zubereitete, für das noch eine frische Papaya vor dem Haus gepflückt wurde. Die Fahrer rauchten Tabak in einer riesigen Bambuspfeiffe.
Gegessen wurde in dem einen Raum, auf dem Boden. Es gab Suppe, Rindfleischspieße, Büffel, Hackfleisch in irgendwelchen Blättern, und und und. Dazu gab es trüben, nach Kopfschmerzen riechenden Reisschnaps. Wir tranken besser mit, das vermittelte uns ein Gefühl der Sicherheit, um mit den hygienischen Bedingungen klar zu kommen. Das Essen war wahnsinnig lecker, sogar die Fischsoße. Von einer Schüssel wurde uns nicht angeboten, es war dunkles Fleisch in winzigen Stücken. Ich war neugierig, angeblich handelte es sich um Büffel, der zu zäh sei. Ich durfte probieren. Zäh war es nicht, aber lecker. Vermutlich handelte es sich um Hundefleisch, das aber im Monat nach Neujahr eigentlich nicht gegessen werden darf, daher wohl die Heimlichtuerrei.
Später saßen wir draußen und waren völlig überwältigt, von der Dunkelheit und Stille, man hörte nur das Wasser auf den Feldern plätschern, Kröten und Grillen und ab und zu durchdrang das Licht eines Mopeds die Dunkelheit, sonst sah man wenige Meter neben dem Haus schon nicht mehr die Hand vor Augen.
Zum Schlafen ging es wieder in den einen Raum, wir Gäste bekamen mit Tüchern an einer Wäscheleine etwas Privatsphäre abgeteilt und ein Mückennetz. Eigentlich schliefen aber alle nebeneinander in dem großen Raum. Auf dem Boden wurden Bambusmatten ausgelegt, darauf eine dünne Decke und eine dickere zum Zudecken.
Früh am nächsten Morgen wurden wir von den Hähnen geweckt und folgten sofort dem lauten Krähen um uns von dieser mystischen Landschaft im Morgennebel bei Sonnenaufgang überwältigen zu lassen. Zum Frühstück gab es Pfannkuchen mit Banane und Sirup und frisch gepflückte Ananas und Nashi, bevor AnhLi mit ihrem Laptop auf dem Moped zur Arbeit in die Stadt fuhr.
Hinter dem Haus zog sich die herrliche Bergkulisse weiter und hinter jeder Wegbiegung wurde die Landschaft noch interessanter. Auf einem schmalen, steilen Dschungelpfad kamen wir in ein Tal, wo wir wieder von fröhlichen Kindern begrüßt wurden. Am Wegrand lernten wir nun auch, wie der Reisschnaps gebrannt wird.
Wir kamen durch einige Dörfer. In der Landschaft stehen immer wieder diese seltsamen Felsformationen und Bananenpalmen. In den Dörfern fühlten wir uns ein bischen wie in einem Freilichtmuseum, bekamen Werkzeug gezeigt und einen Webstuhl und überall folgten uns die Kinder. In den Bächen stehen Wasserräder, um das Wasser in die Felder zu transportieren.
Tiefer im Dschungel kamen wir an einem einzelnen Haus vorbei und wurden zum Tee herein gebeten. Hier war der Boden nicht aus Holz sondern aus weichem, gemütlichem Bambus. Die Familie hatte zwei Kinder, die Tochter saß am Feuer und stickte etwas mit der Mutter und der kleine Junge wurde für die Nachmittagsschule angezogen. Wir fanden das Wetter ziemlich heiß und schwül und wunderten uns über das Feuer. Aber es sei Winter, bekamen wir gesagt und der Junge bekam seine Pudelmütze aufgezogen. Außerdem wird durch das Feuer das Bambusdach vor Insekten geschützt.
Im Hintergrund läuft in fast jedem Haus der Fernseher, erst seit 2006 gibt es hier Strom und so freuen sich alle noch darüber. Die meisten Dörfer teilen sich allerdings ein oder zwei Badezimmer und Toiletten.
Am Nachmittag lud uns Toan an einem kleinen Kiosk auf ein Bier ein, weil es seine erste Tour im neuen Jahr war. Wir wurden dabei von einer Schar Hundebabys umringt. Dann entdeckten wir schon bald unseren nächsten Homestay, an einem Berghang in Mitten noch höherer Berge.
Für diese Nacht bekamen wir einen kleinen Bambus Bungalow, natürlich auch mit einer einfachen Matte und Decke und mit einem Holzfenster, durch das wir das ganze Tal überblicken konnten. Zur Erfrischung gingen wir erstmal im Wasserfall baden.
Als wir zurück kamen freuten sich die Kinder über die Gäste und spielten Fußball mit unseren Fahrern, der jüngste war erst drei und jagte später noch stundenlang ein Kälbchen durchs Dorf. Toan erzählte, dass er schon mit zwei Jahren viel allein zu Hause war, wenn die Eltern im Dschungel oder in den Feldern arbeiten und dass er auch den Weg ins nächste Dorf in den Kindergarten allein zurück legt.
Auch hier war das Abendessen wieder toll, es gab Bananenblüten mit Nüssen, Fleisch in Reispapier,… und natürlich Schnaps. Außerdem lernten wir bis drei Zählen: mo, hai, ba, weil vor jedem Glas 1,2,3, trinken gesagt wurde.
Das Wohnhaus ist größer das das von AnhLi und hat soetwas wie ein extra Haus für die Küche angebaut. Scheinbar gilt hier die Regel, ein Haus ein Raum.
Früh am nächsten Morgen weckte uns eine Kuh. Und so konnten wir die Berge im Morgennebel bei Sonnenaufgang bestaunen. Von den Palmblättern tropfte der Tau und das Dorf war noch still und friedlich. Eine viertel Stunde später waren aber Mensch und Tier auf den Beinen. Beim Frühstück leistete uns ein Kälbchen Gesellschaft.
Heute ging es durch Dschungel und Felder weiter den Berg hinauf, teilweise so steil das wir fast klettern mussten. Der Anblick von oben war atemberaubend und bald kamen wir auf eine neue Straße die zu noch abgelegeneren Dörfern führt. Hier trafen wir einen älteren Mann, der uns das beste Fotopanorama zeigte und eine Familie mit fünf kichernden “Hello” Kindern.
Weil Toan noch sein Moped holen musste, waren wir das letzte Wegstück auf uns allein gestellt, Toan machte uns eine Zeichnung für den Weg. Wir fragten immer mal wieder einen Bauern, nach der Interpretation dieser Zeichnung und schließlich wurde die Straße wieder straßenartiger und die Gebäude massiver, bald fanden wir die vereinbarte Tankstelle, an der wir von den Fahrern wieder eingesammelt wurden.
Die Rückfahrt war noch abenteuerlicher als die Hinfahrt. Es ging eine steile Bergstraße mit scharfen Kurven hinunter, eingerahmt von Felswänden und -kegeln und mein Fahrer hatte etwa so viel Spaß daran, wie ich Angst. Anschließend kamen wir durch eine Landschaft mit leuchtend blauen Seen.
Zwischen kleinen Feldern machten wir eine Pause und Toan holte aus dem Feld einige lange Stöcke von einem Stapel. Zuckerrohr, das wir in mundgerechte Häppchen portioniert bekamen. Wenn man auf dem Fasern rumkaut, läuft ein leckerer, fruchtig süßer Saft heraus.