Panama City – die Affen vom Kanal und wie man Hochseefrachter über ein Gebirge bringt

Panama City – die Affen vom Kanal und wie man Hochseefrachter über ein Gebirge bringt

Als wir am Montag Abend in Panama City landeten, war es schon dunkel und wir flogen im Landeanflug an der gesamten Küste der Stadt vorbei. Aus dem Flugzeug vielleicht die schönste Skyline der Welt. Am Berg gelegen stapeln sich die bunten, beleuchteten Hochhäuser übereinander und davor liegen wie Perlenketten die Lichter der Umgehungsstraßen und von Amador Causeway, der Damm an der Kanaleinfahrt. Im Meer vor der Stadt liegt ein überdimensionaler Schiffsparkplatz, hunderte Lichter, ordentlich neben- und hintereinander, hunderte riesige Containerschiffe, die auf ihre Durchfahrt warten.

Am Amador Causeway warfen wir den ersten Blick auf den Kanal von unten. Leider war es schon dunkel, am Ende eines verregneten Nachmittags, und wir sahen nur die Lichter im Meer und die beleuchtete Puente de las Americas. Wir fuhren bis zum Ende des Dammes, wo uns eine niedliche Krabbenwaschbärfamilie erwartete, die sich einen Snack von uns erhoffte. Von hier spazierten wir zurück zur bunten Stadt, die wir immer wieder von Aussichtspunkten in der Ferne sahen. Der Damm verbindet kleine Inseln. Auf einer davon gab es einen Nachtmarkt, wo vor allem Erdbeeren mit gezuckerter Kondensmilch der Renner waren. 

Wir beobachteten, wie eines der riesigen Containerschiffe seine Reise durch den Kanal begann und dafür von einem kleinen Lotsenboot abgeholt wurde. In diese Richtung wird jetzt bis in den frühen Morgen geschleust, dann ist die andere Richtung dran. Dazwischen gibt es eine lange Pause, denn zwischen Miraflores- und Pedro-Miguel-Schleuse ist der Kanal so schmal, dass keine zwei Schiffe aneinander vorbei passen.

So war die Neugier geweckt und wir verbrachten den ganzen nächsten Tag völlig fasziniert am und auf dem Kanal. Das war Samstag und alle Bootstouren auf dem Gatunsee waren am Wochenende natürlich längst ausgebucht. Wir fanden nur noch eine für 20€ teurer, aber wir wollten so gern, jetzt. Also buchten wir und stellten am Samstag morgen fest, dass wir für diesen kleinen Aufpreis eine private Tour bekamen.  

Unser Guide Ali hatte Obst gekauft, denn auf dem Gatunsee leben gefräßige Äffchen. Erstmal mussten wir aber nach Gamboa, am Kanal entlang und durch tiefen, grünen Dschungel. Ali hielt unterwegs immer mal an, um uns ein besonders großes Schiff zu zeigen oder den Brüllaffen zu lauschen. Dann kamen wir in ein kleines Dorf aus Blechhütten. Hier wartete ein Boot in traumhafter Landschaft im Morgennebel auf uns. Der Ausläufer des Gatunsees sieht hier aus, wie ein idyllischer Teich, rundherum Dschungel, einzelne Seerosen, aber von hier geht es direkt raus auf den Kanal.

Außer uns waren so früh nur einige Embera zum Fischen unterwegs, die indigene Gruppe, die hier am See lebt, und natürlich die riesigen Containerschiffe, neben denen wir uns ganz verloren vorkamen. 13.000 Container passen auf die größten Frachter, die den Kanal passieren können. Bald bogen wir in den Dschungel ab. 

Der Gatunsee war eigentlich Teil des zentralen Gebirges, doch für den Bau des Kanals wurde das Gebiet geflutet. Die Fahrrinne wurde zusätzlich ausgebaggert und aus der übrigen Landschaft wurde eine neue. Aus den Berggipfeln wurden kleinen Inseln, manchmal so dicht beieinander, dass es nur schmale Durchfahrten gibt, andere weit verstreut. Die Bäume wurden hier nicht gefällt, sind irgendwann abgestorben, und überall sieht man die Stümpfe aus dem Wasser ragen. 

Nun her mit dem Zeug, das die Affen so gerne fressen, Guapa heißt die lange braune Frucht. Ali gab uns die kleinen Stücke aus der Schale in die Hand und legte an einer Insel an. Etwas schüchtern kamen die gefräßigen Kapuzineraffen zum Boot und nahmen sich die Leckereien. Eines war nach einem kurzen Kennenlernen dreister, sammelte alles ein, was es tragen konnte und verabschiedete sich mit einem Geräusch, das wie ein deutliches “thank you” klang. 

An einer anderen Insel waren winzige Krallenäffchen unterwegs, noch etwas schüchterner und mit grimmigem Gesicht. Wir sollten ihnen eine Spur aus Bananenstückchen vom Baum aufs Boot legen und so ließen sie sich schließlich anlocken und blieben eine Weile schmatzend auf dem Boot. 

Alles verfüttert, nun schlängelten wir uns zwischen den Inseln durch den Mangrovenwald und begegneten einem Krokodil mit vielen kleinen Babys. Ali bot an, uns eins zur näheren Ansicht zu fangen, aber mittlerweile lassen wir Wildtiere wo sie hingehören. Außerdem sahen wir einen fetten Leguan, der sich am Ufer sonnte, Fledermäuse und riesige Fette Geier.          

Am Nachmittag fuhren wir zum Besucherzentrum an der Miraflores-Schleuse. Viele Leute empfahlen uns den tollen Film, gesprochen von Morgan Freeman, hier im Museum anzusehen. Wir dachten an ein kleines Museumskino und waren überrascht, als wir uns in einem großen 3D Kino mit mehreren Popcorn- und Getränkeschaltern wiederfanden. Und ja, den Film hätte ich mir auch in einem normalen Kino angesehen. Brille auf und schon flogen wir über den Kanal und wanderten mit den ersten Spaniern durch tiefsten Dschungel. Wunderschöne Bilder, aber Panama ist nun mal auch in der echten Welt eine einzige riesige Fototapete.  

Hier erfuhren wir, dass man den Kanal schon seit dem 16. Jahrhundert bauen wollte aber die technischen Möglichkeiten fehlen, dass die Amerikaner vor hatten, einen Kanal auf Meereshöhe, mittels Atombomben zu sprengen und den traurigen Fakt, dass mehr als 22.000 Menschen beim Bau an Malaria starben, bevor man die Mücken als Übeltäter identifizierte und alles mit Insektiziden verseuchte. Mehrere Jahrhunderte hat es gedauert, bis man auf die Idee mit dem Stausee und den Schleusen kam. 1914 war es dann endlich so weit, die feierliche Eröffnung stand an, doch am gleichen Tag begann der erste Weltkrieg. Bis Ende des letzten Jahrhunderts wurde der Kanal von den USA betrieben und erst 1999 an Panama übergeben. 

Und nun konnten wir dieses Wunderwerk von der Besucherterrasse über der Schleuse bestaunen. Wie bei einem Sportereignis werden die Schiffe kommentiert und jedes hupte für uns. Die Miraflores-Schleuse hat drei Stufen und am Nachmittag fahren die Schiffe vom Atlantik zum Pazifik und werden hier abgesenkt. Auf jeder Seite sind bis zu vier Zahnradbahnen mit Stahlseilen befestigt, die das Schiff in der Spur halten. Sie sehen daneben aus wie Spielzeug. Millimeterarbeit, die meisten Schiffe passen gerade so in die Kammern und es dauert fast eine halbe Stunde, um die ganze Anlage zu passieren. Einmal wurde ein Segelboot mit geschleust und auch hier ging nichts ohne Seile, Vorschrift ist Vorschrift. Aber in dem Fall mussten vier Kanalmitarbeiter die Seile halten und nebenher laufen. Bei Einfahrt in den Kanal bekommt jedes Schiff einen Piloten von der Gesellschaft, der für die gesamte Durchfahrt das Kommando übernimmt. Auch das kleine Segelboot hatte einen. Langsam wird uns klar, warum in Panama alles überpünktlich und top organisiert ist, das hatten wir von einem lateinamerikanischen Land gar nicht erwartet. Mit einer anderen Einstellung kann man diese Wasserstraße nicht betreiben und die Kanalgesellschaft ist der größte Arbeitgeber des Landes.      

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