Nagasaki – Handel damals und heute

Nagasaki – Handel damals und heute

Der Süden Kyushus ist dünner besiedelt, als die Gegenden, die wir bisher besucht haben. Rund um Nagasaki ist es fast ländlich. Vielleicht liegt es daran, dass man in der hügeligen Waldlandschaft nicht sofort das nächste Haus sieht. Unterwegs kamen wir immer wieder an kleinen Schreinen vorbei, oder an Wegen, die durch den Wald zu einem Schrein führen, an idyllischen Bambuswäldchen, Bauernhöfen und traditionellen Dörfern. Als Vorgarten haben viele Häuser ein kleines Reisfeld. 

Nagasaki liegt in einem grünen Tal, dass sich zum Meer hin öffnet. Schon vom Bahnhof sahen wir die vielen mit kleinen alten Häusern bebauten Hügel der Stadt. Hauptverkehrsmittel ist die klapprige Straßenbahn, das bunte Wahrzeichen der Stadt. Und wie straßenbahnfahren funktioniert, hatten wir schon im Bus gelernt. In einer Reihe aufstellen, hinten einsteigen und bis zur gewünschten Haltestelle nach vorn durcharbeiten. Dort braucht man dann beim Aussteigen den Fahrpreis passend. 

Die Stadt gefiel uns auf Anhieb, Durch den begrenzten Platz im Tal ist sie überschaubar, die Gebäude sind älter als in den meisten anderen Städten, das Zentrum wirkt etwas angeschmoddert, dafür herrscht ein buntes Treiben. Klare Flüsse fließen durch die Stadt und überall blühen Hortensien. Im Fluss gibt es Kois und man kann das Wasser nicht nur über die schönen alten Brücken überqueren, sondern auch über Platten direkt im Wasser. Kleine Läden prägen das Bild der Altstadt, wir entdeckten einen bis unters Dach vollgestopften Antiquitätenladen und besonders hatte es uns ein Geschäft mit handgemachten Papierdrachen angetan. Leider würden wir keinen davon heil nach Hause bekommen. 

Nagasaki war schon immer etwas besonderes, als sich Japan noch vom Rest der Welt abschotte, gab es hier das kleine Inselchen Dejima. Hier durften sich unter anderem die Holländer aufhalten, um Handel zu betreiben. Aber sie durften dieses winzige Fleckchen nie verlassen. Manch einer saß Jahre zwischen den ca. 15 Gebäuden fest, bis sich ein Schiff zurück fand. 

Davor waren die Portugiesen da und brachten den Kastenkuchen mit, den es nun hübsch verpackt in allen Geschmacksrichtungen überall in der Stadt zu kaufen gibt. Eine teure Spezialität zum mitbringen. Einige Kastenkuchengeschäfte könnte man von weitem für Parfümerien oder mit ihren Auslagen sogar für Juwelierläden halten. Manchmal werden die bunten Kuchenstücke einzeln in kleine schicke Plastikkartons gesteckt. Geschmacklich? Ganz ok, wie Kastenkuchen.

Der Weg nach Dejima verwunderte uns etwas. Einst eine Insel mitten im Hafen, überquerten wir nun nur ein paar Brücken über verschiedene Flussarme und fanden uns auf einem Fleckchen inmitten von Hochhäusern. Aus Platzmangel hat sich die Stadt ein ganzes Stück Richtung Meer ausgedehnt, zum Hafen ist es heute noch ein guter Kilometer. 

Am Eingang erwartete uns ein kostümierter Händler und eine von Holzhäusern gesäumte Straße. Die meisten Häuser sind Lagerhäuser und natürlich muss man überall die Schuhe ausziehen. Die wenigen Wohnhäuser sind in einer seltsamen Kombination aus japanischen und europäischen Möbeln eingerichtet. Schwere Holzmöbel stehen auf den weichen Tatamimatten, dazwischen Papierwände, ein Sekretär um im Kniesitz zu schreiben. Das alles wirkt eigentlich sehr gemütlich, mehrere Jahre auf dieser kleinen Insel zu verbringen war sicher dennoch nicht angenehm, nach vielleicht 200 Metern ist die Straße zu Ende, ein kleiner Garten mit Brunnen, dann kommt schon der Zaun, also damals das Meer.

Wir ließen uns noch etwas durch die Stadt treiben und landeten schließlich in China Town. Große steinerne Tore bilden den Eingang zu den beiden sich kreuzenden Straßen. An einem Ende gibt es einen Platz, an dem ein paar ältere Männer Mahjong in einem Pavilion spielten. Für das chinesische Flair gibt es auch etwas Müll auf den Straßen. Zwischen den vielen Chinesischen Restaurants bekamen wir Hunger und freuten uns über die großen Gemüseportionen, die die japanische Küche nicht kennt. Wegen des vielen Gemüses ist chinesisches Essen natürlich sehr teuer. 

Nagasaki hat außer Kastenkuchen kulinarisch selbst noch ein paar Asse im Ärmel. Überall gibt es kleine Stände, die super fettig frittierten Schweinebauch in gedämpften Brötchen mit einem schicken Stempel darauf anbieten. Außerdem gibt es zwei besondere Nudelgerichte. Sara-Udon, das ist ein Berg knusprig frittierter Nudeln mit einer schleimigen Soße, verschiedenem Gemüse, Hähnchen, Garnelen und Surimi. Sah komisch aus, schmeckte aber lecker und außergewöhnlich. Die schleimige Soße gibt es auch als Suppe mit gekochten Nudeln, das heißt dann Chanpon. Im Hafen entdeckten wir eine Schnitzelrestaurantkette, in der wir den Sesam für unsere Soße selber mörsern durften.

Später entdeckten wir noch eine alte Einkaufspassage, laut Eingangstor von 1908, gegenüber vom Hotel und besorgten uns einen Kastenkuchen mit grünem Tee und Roter Bohne zum Nachtisch. Wir brauchten eine Schuhbürste und fanden eine Filiale von Don Quichotte, von diesem Supermarkt hatten wir schon gehört, hier bekäme man alles. Und was “alles” ist, erfuhren wir auf drei Stockwerken. 

Es fing mit alltäglichen Dingen an, Lebensmittel, Haushaltswaren, Klamotten, bei den Lebensmitteln wunderten wir uns nur über die riesigen Verpackungen, Kartons mit Kartoffelchips, so groß dass wir nicht wussten, wie man die transportiert, riesige Eimer mit Trockenfleisch, 5 Liter Kanister mit bunten Getränken. Wir stürzten uns tiefer in die Regalwelt. 

Direkt neben der Spielzeugabteilung für Kinder gibt es eine Spielzeugabteilung für Erwachsene. Das meiste dort war bereits als Geschenk verpackt, damit man an der Kasse nicht mehr als nötig über die individuellen Vorlieben erfährt. Dazu gab es alle möglichen Kostüme und Masken. Weiter ging es in die Outdoorabteilung, wo wir die beliebten Teppichbezüge für Klobrillen fanden. In der Kosmetikabteilung gab es klebrige Stäbchen zur Nasenhaarentfernung, auf denen ausschließlich Ausländer abgebildet waren. Dann fanden wir endlich die Schuhbürste.        

Spät am Abend hatten wir noch etwas Hunger und fanden ein ganz kleines Suppenrestaurant ohne Tische nur mit ein paar Sitzplätzen an der Theke. Das Gebäude war eher ein zweistöckiger Holzverschlag, an der Fassade eines Hochhauses. Ein älteres Paar kochte zwei riesige Töpfe Brühe. Wir bestellten zwei Nudelsuppen, die natürlich ganz schön lecker waren. Die meisten anderen Gäste, die um diese Urzeit kamen, ließen sich aber verschiedene Dinge aus den Töpfen fischen und ohne Suppe servieren, Eier, Wurzelgemüsestücke, Konjakstückchen. Der Laden scheint die ganze Nacht auf zu haben, tagsüber hatten wir ihn garnicht bemerkt.

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