
Kuna Yala – prepare to get wet…
…war die letzte Anweisung, bevor das kleine Boot zu der winzigen Insel ablegte, auf der wir die nächsten Tage verbringen würden. Keine Fotos, alles wurde uns vorher abgenommen und in Plastiktüten verpackt. Zum Glück. Gesehen haben wir auf der Fahrt auch nicht viel, meistens hatte ich die Augen zu, weil gerade ein große Welle hinein geschwappt war. Vom Wind etwas abgekühlt fühlte sich das karibische Wasser viel zu warm an, eine Badewanne würde ich kühler machen. Das Boot hatte zwei Fahrer, einer vorn am Steuer und einer hinten am Motor, der vorn schien recht trocken, da steht das Boot ja auch hoch. Der hinten bei uns war im Friesennerz. Nach einer dreiviertel Stunde Fahrt waren wir so nass, als wären wir zur Insel geschwommen. Zum Glück brauchten wir in den nächsten Tagen keine trockenen Sachen oder überhaupt irgendwas.
Die 365 Inseln des San Blas Archipels liegen im Reservat der indigenen Kuna, zu dem auch Gebiete im Gebirge des Festlandes gehören. Die meisten Kuna leben auf größeren Inseln, für Touristen wie uns sind aber die kleinen ein großer Spaß.
Die Kuna verbieten Hotelketten oder sonst irgendwas großes, das von außerhalb kommt. Nur kleine, traditionelle Hütten gibt es hier und auf den kleinen Inseln auch keine wirklich Infrastruktur. Dafür kümmern sie sich um alles, Transport, Verpflegung, Unterhaltung, Sonderwünsche und bei Ankunft gibt es ein Bändchen ans Handgelenk. Wahrscheinlich werden wir damit zurückgebracht, falls uns die Strömung auf eine andere Insel treibt.
Früh um Fünf wurden wir mit dem Pick-Up in Panama Stadt abgeholt, unterwegs hielten wir noch an einem der zahllosen Obststände stadtauswärts an der Panamericana. Unser Fahrer Frisco kaufte Ananas und Melonen für die Inseln und fütterte uns mit frischen Bananen, denn die Fahrt war lang, fünf Stunden bis zum Hafen. Dann wurde die Straße bald ländlicher und die Sonne tauchte langsam im Morgennebel auf. Kinder in Schuluniform warteten überall auf den Bus. Bevor es hoch ins Gebirge im Landesinneren ging, kauften wir noch mehrere 5-Liter Wasserflaschen. Auf den Inseln gibt es nur Salzwasser. Die Straße wurde bald zur Achterbahn, aber die Landschaft war wunderschön, bunter Dschungel mit viel Farn und weiten Tälern. Immer wenn wir etwas nach oben kamen, dachten wir, es regnet. Aber nein, das ist der Nebelwald. Dann eine Grenzkontrolle und der erste Kontakt mit den gastfreundlichen Kuna und es ging auf der anderen Seite wieder hinunter zum Meer.
Am Hafen fragten wir uns, wie hier die richtigen Leute und Dinge auf die richtige der 365 Inseln kommen. Alle Leute kommen etwa zur gleichen Zeit mit dem Auto in wuseligem Durcheinander an und werden in kleine Boote verladen aber das Zeug, wie unser Obst kommt nicht unbedingt aufs gleiche Boot. Alles funktioniert reibungslos und ohne direkte Übergabe, aber für uns völlig undurchsichtig. Unser Fahrer stellte uns im Schatten ab und fuhr zurück und irgendwann kam jemand, der offensichtlich wusste wer wir sind und wo wir hin wollten.
Auf Tubasenika angekommen, bekamen wir erstmal eine kurze Einweisung in der Mitte der Insel, vom Boot also fast eine halbe Minute zu Fuß entfernt. Die wichtigsten Infos: 1. Wenn jemand in die große Muschel bläst, gibt es Essen. Die Insel ist vielleicht 80 Meter lang und 50 breit, keine Gefahr, die Tröte zu verpassen. 2. Vorsicht vor herabfallenden Kokosnüssen.
Die Hälfte der Insel hatten wir nun auch schon gesehen, Sand, Palmen und ein paar Hütten und in der Mitte ein überdachter Tisch für alle. In der etwas größeren Hütte daneben leben die Kuna, die hier arbeiten, also sich die nächsten Tage um Verpflegung und Beschäftigung für uns kümmern.
Wir hatten eine der komfortableren Hütte ausgesucht, Komfort heißt hier Holzboden statt Sand, das wars. Also einfach etwas weniger Sand im Bett, denn trotz größter Bemühungen hatten wir den Hüttenboden schnell selbst mit Sand überzogen.
Was soll man auf so einer winzigen Insel nun machen? Erstmal ab ins Meer, nass waren wir ja sowieso schon. Vor unserer Hütte gab es Korallen, also mussten wir zum Baden ganz ans andere Ende laufen, was sogar länger als eine Minute dauerte. Zum Strand gibt es zwei Wege, mitten durch, zwischen Palmen und duftenden, blütenüberwucherten Sträuchern, oder direkt durchs Wasser.
Beim schwimmen konnten wir sehen, wie winzig die Insel wirklich ist und drum herum nur blaues, transparentes Wasser. Die Nachbarinsel scheint etwas größer, aber immernoch sehr sehr klein. Dahinter liegt das Wolkenverhangene Festland. Zum Glück ist schon Regenzeit, ohne die Wolken wäre es hier sicher viel zu heiß.
Bald hörten wir ein Trötgeräusch, ah Mittagessen, und machten uns auf den Weg zu dem einzigen massiven Gebäude am Steg, wo wir uns zu den anderen setzten, die mit uns angekommen waren. Das Essen wurde von Frauen in traditioneller Kleidung serviert, bunte weite Blusen, ein Tuch als Rock und bunte Bänder an Armen und Beinen. Manche hatten schwarze Muster im Gesicht. Die Männer kochten und servierten auch, trugen aber keine traditionelle Kleidung, wahrscheinlich wäre die traditionelle Männerkleidung zu spärlich.
Es gab natürlich ganze Fische, Gemüse und Reis mit Bohnen, manchmal auch frittierte Kochbananen, einfach aber sehr lecker. Zu manchen Mahlzeiten bekamen wir außerdem große Obstteller zum Teilen. Das Essen war immer so liebevoll angerichtet, einmal war der Teller so mit winzigen Gurkenschalenstückchen verziert, dass wir dachten er sei bemalt. Eine beliebte Freizeitaktivität auf dieser Insel ist das anschließende Mittagsschläfchen, beim Abendessen schwärmte jeder vom besten Mittagsschläfchen aller Zeiten.
Mann kann auch ein Mittagsschläfchen vor dem Essen oder nach dem Frühstück machen. Danach wurde man immer schnell wieder wach, einfach ab ins Wasser.
Bei den Korallen nahmen wir natürlich auch ab und zu den Schnorchel mit, Christian sah sogar einen Hai in der Ferne. Hauptsächlich gab es aber riesige Schwärme mit kleinen transparenten Fischen, einzelne ganz bunte und einen großen, durchsichtigen mit langem etwas gefährlich aussehenden Maul. Und Seeigel, aber natürlich nicht am Sandstrand.
Am Nachmittag holten wir uns bei den Kuna Kokosnüsse, man darf sie nicht einfach sammeln, alles was auf dem Strand liegt gehört den Kuna und mit den Kokosnüssen handeln sie auch auf dem Festland. Eigentlich ist das aber ziemlich egal, wir haben ja sowieso keine Machete, mit der wir sie öffnen könnten und beobachteten das Prozedere lieber mit etwas Respekt. Erstmal bekamen wir aber schöne, frisch heruntergefallene Nüsse auf der Insel gesucht.
Was auf dem Strand liegt gehört den Kuna, musste ich auch lernen, als ich meine Sandalen im Sand liegen ließ und nach längerer Suche einen Einheimischen entdeckte, der sie gerade anprobierte. Sie passten ihm wohl nicht und er gab sie zurück. Die Einheimischen sind ehrlich, wir konnten unsere Hüttentür nicht mal zuziehen, wenn wir weg waren, es kam nichts weg. Und es gab auch eine Riesendiskussion, weil wir angeblich zu viel für die Übernachtung bezahlt hatten. Es war der angegebene Preis, aber wir sollten die 20$ unbedingt zurück nehmen. Aber, was auf dem Strand liegt,… So sind nun mal die Regeln in diesem Reservat.
Nicht nur kein Trinkwasser, es gibt auch kein Süßwasser zum Duschen. In dem rudimentären Bad, hinten am Strand, kommt Meerwasser aus einem Rohr in der Decke, man bleibt hier einfach klebrig. Irgendwann hatten wir eine dicke Kruste aus Salz, Sonnencreme und Sand auf der Haut. Glücklicherweise roch diese Kruste ziemlich gut, nach Meer und nach Früchten, fast zu schade um sie später in Panama City wieder abzuwaschen. Dort mussten wir uns mehrmals einseifen und abwaschen, bis es schäumte.
Duschen macht jedenfalls auf der Insel keinen Sinn. Zähneputzen, an dem Wasserrohr auf der Außenseite des Badezimmers geht aber. Von dort gab es ja auch eine tolle Aussicht auf den Sonnenaufgang, der das ganze Meer rosa färbt und auf die nebelverhangene Nachbarinsel. Dann ab ins Meer und frisch gebadet zum Frühstück. Auf die Tröte waren wir am ersten Morgen schon konditioniert.
Den Vormittag verbrachten wir mit den üblichen Beschäftigungen hier, aufs Meer starren, schwimmen, ein warmes Bier trinken. Wir hatten das Bier unterwegs gekauft und geplant, es zum kühlen ins Meer zu stellen, haha. Dann machten wir einen Spaziergang, außen um die Insel herum, was fast fünf Minuten dauerte, und ein vorgezogenes Mittagsschläfchen. Tröte.
Am Nachmittag gab es eine Bootstour und unser Vermieter meinte, es gäbe hier so viele Inseln, er wüsste nicht mehr wo sie gestern waren und auch nicht wo sie heute hin fahren. Steigt einfach ein. Es ging zu einem Pool, der mal eine Insel war, bevor hier der Meeresspiegel anstieg. Auf die leckeren Fische im flachen Wasser lauerten ein paar Pelikane. Weil hier alles eher spontan und ungeplant passiert, war es ein großes Gewusel, denn jeder wollte sich in dem viel zu kleinen Boot noch schnell mit Sonnencreme einreiben, bevor alle ins Wasser sprangen.
Dann fuhren wir zu einer der Nachbarinseln, eigentlich sieht hier alles aus wie bei uns und doch irgendwie anders. Die Insel war etwas größer als unsere und es gab ein kleines Dorf darauf. Frauen lagen in Hängematten und nähten und verkauften Molas, die traditionellen bunten Bilder, mit abstrakten Mustern oder Tieren, die sie auf ihrer Kleidung tragen. Männer reparierten Boote und es gab ein kleines idyllisches Palmenwäldchen und Sträucher mit noch fetteren bunten Blüten als bei uns. Unser Inselchen konnten wir in der Ferne sehen. Nach einem Spaziergang schnorchelten wir noch etwas mit großen bunten Skalaren, bis wir wieder abgeholt wurden.
Später erkundeten wir noch etwas die Korallen vor der Tür. Am Abend waren die Wolken verschwunden und wir bestaunten den sternenklaren Himmel, hier in der abgelegenen Dunkelheit. Abends lief ein Generator für ein paar Stunden, dann gab es Reggaemusik und anschließend den Klang der Wellen zum Einschlafen.
Am nächsten Morgen wurde nach der Tröte wieder alles in Plastik verpackt, und wir verabschiedeten uns. Es war weniger Wind und wir blieben auf der Fahrt halbwegs trocken. Wärend wir am Hafen auf unseren Pick-Up warteten, beobachteten wir die Vorbereitungen zum Wochenende: Boote voll eiheimischer Touristen und Kisten voll Lebensmitteln wurden auf die Inseln gekarrt. Wer an- und wer abreiste war keine Frage. Die einen waren sauber und aufgeregt, die anderen sonnengebräunt und verwahrlost. Zurück in der Stadt wurden wir kurz gemustert und gefragt, ob wir von San Blas kommen.