Istanbul – Schlange stehen im Zauber der Altstadt

Istanbul – Schlange stehen im Zauber der Altstadt

Die Hagia Sophia wollte ich schon immer gern sehen und da war ich nicht allein. Zu fünft machten wir uns Anfang Oktober auf den Weg nach Istanbul. Der Flug dorthin ist gar nicht so kurz. Erstes Abenteuer, ich landete auf einem Mittelsitz in einem großen Junggesellinnenabschied und wurde versehentlich bei allen Bestellungen mit versorgt. Die Familie, die das kleine Hotel in der Altstadt betreibt, war außerdem völlig verwirrt von unserer verteilten Anreise mit Leuten aus verschiedenen Ländern und an unterschiedlichen Tagen und dass wir am zweiten Tag nochmal alle Zimmer neu durchwürfelten. Geschafft, alle angekommen. 

Am Morgen, oder besser gesagt, noch mitten in der Nacht standen wir im Bett, in der Altstadt gibt es ungefähr eine Moschee pro Straße, selbstverständlich alle mit eigenem Minarett. Am nächsten Morgen hatten wir uns aber schon daran gewöhnt. 

Unser Teil der Altstadt besteht aus kleinen Einfamilienhäusern, viele sogar aus Holz, in völlig verworrenen Gassen. Kinder spielen bis in den späten Abend auf den Straßen, während die Eltern in den vielen kleinen Lebensmittelgeschäften stöbern. Überall gibt es Bars und kleine Kunstgalerien. Erst nach Sonnenuntergang herrscht Leben im Viertel und die Einheimischen lösen die Touristen ab. Von unserer Dachterrasse überblickten wir das ganze Viertel, bis zum Meer. 

Nun zur Hagia Sophia, wir fünf waren natürlich auch nicht die einzigen, die dort rein wollten und Schlange stehen, war in diesem Urlaub sowieso eine Hauptaktivität. Die Einheimischen nutzen das etwas kühlere Herbstwetter und nicht nur für uns bietet sich der Feiertag für ein sehr langes Wochenende an. Puh, erstmal einen Tee und die Schlange beobachten. Tee- und Kaffee trinken wurde schnell zur zweithäufigsten Aktivität. Denn die obligatorischen kleinen Tässchen für eine kurze Pause kann man an jeder Ecke bekommen.

Die alte Kirche, später Moschee und nun Museum, ist schon von außen und von Weitem eine Attraktion, die alten, rötlichen Steine heben sie farblich von allen anderen Gebäuden der Stadt ab und sie ist noch auf einen Kilometer Entfernung riesig und eindrucksvoll.

Irgendwann stellten wir uns dann doch an und schafften es nach einer guten Stunde zum Ticketschalter und letztlich auch in dieses überwältigende Gebäude. Obwohl die Hälfte des Innenraums gerade in ein Baugerüst gehüllt war, ließ uns die riesige Kuppel auch als halbe staunen, so riesig und hoch, ohne Stützpfeiler, seit 537. Wie konnte man vor  anderthalbtausend Jahren so etwas bauen? Lange, schummrige Gänge führten uns nach oben, auf die Galerie, von wo wir den ganzen Raum überblicken konnten. Wir blieben Stunden und bestaunten die alten Mauern, Kunstwerke und Gräber und konnten uns kaum losreißen.     

Ähnlich verworren wie die Gassen in Sultanahmet sind auch die im Basarviertel, in der Nähe der Galatabrücke. Hier dominieren jedoch Gewürz- und Haushaltswaregeschäfte, aber auch Stände mit Plastikschrott und Imbisse. Eigentlich ist das ganze Viertel ein Basar, zwischen den großen Markthallen. Hier fanden wir zur Stärkung einen riesigen Fleischteller für eine unüberschaubare Anzahl an Personen, an der sich außer uns auch viele Familien erfreuten. Teller trifft es auch nicht ganz, genau genommen war es ein riesiges Tablett, gefüllt mit gegrilltem Fleisch und etwas Dekogemüse. 

Dem großen Basar statteten wir nur einen kurzen Besuch ab. So spannend die vielen Gewürze und Lampen und so schön auch die Gebäude – die Interaktion mit den Verkäufern fanden wir auf Dauer doch etwas anstrengend.  

Zum Glück gibt es auf dem Rückweg einen viel ruhigeren Ort. Noch Jahre bevor die Hagia Sophia geweiht wurde, stand schon die Wasserversorgung. Der Eingang zur Basilikazisterne führt durch ein winziges Häuschen und da hieß es erstmal wieder Schlange stehen, spiralförmig um das Gebäude, das wir schließlich sicher zehnmal von allen Seiten gesehen hatten. Darin erwartete uns eine atmosphärische, unterirdische Welt. Stilles Wasser zwischen den alten Säulen, in dem ab und zu ein Fisch plätschert und an zwei Säulen verdrehte Medusenköpfe als Fundament. Frühmittelalterlicher Bauschutt oder mythologischer Hintergrund? Das wird man wohl nie erfahren, in jedem Falle sieht die Konstruktion im Dämmerlicht fragwürdig aus.   

Samstag, Schlange stehen. Am Topkapi Palast dauerte es jedoch nicht ganz so lang, bis wir Ticket und Audioguide ergattert hatten, denn das Gelände am Meer ist einfach riesig. Schon der Ticketschalter selbst erwartete uns in einem bezaubernden Garten, dem ersten Hof, und dann? Der Topkapi Palast ist kein Palast wie wir ihn erwartet hatten, sondern eher eine riesige, verwunschene Parkanlage, mit zahllosen bunten, über und über mit Mustern verzierten Gebäuden, halboffenen Räumen, Pavillons und idyllischen Brunnen. Ringsum gibt es eine wunderschöne Aussicht auf die Umgebung und aufs Wasser. Am spektakulärsten ist der Harem, die Wohngebäude der Familie, wo sich ein Großteil des Lebens abspielte. Die Räume sind prunkvoll verziert und über verworrene Gänge verbunden. Wir verbrachten den ganzen Tag in diesen Gebäuden, die direkt einem Märchen entsprungen scheinen.

Auch wenn wir uns an den morgendlichen Gesang langsam gewöhnt hatten, wollten wir sehen, woher man uns täglich aus dem Schlaf reißt. Wir entschieden uns für die Blaue Moschee, auf einer Achse mit der Hagia Sophia, am anderen Ende des Parks. Um rein zu kommen, mussten wir uns aber erstmal Tücher für unsere Haare besorgen. Für die Gläubigen heißt es außerdem noch Füße waschen, an der kleinen Mauer am Eingang. Wir mussten nur die Schuhe ausziehen und das war auch gut so, sonst hätten wir den dicken weichen Teppich verpasst. Drin erwartete und ein großer leerer Raum mit entschleunigender Atmosphäre, wie sie Gotteshäuser eigentlich immer haben. Wir setzten uns auf den dicken, roten Teppich, der den kompletten Boden bedeckt und ließen die Stimmung auf uns wirken, bevor wir die herrliche Verzierung des riesigen Raumes bewunderten. Alle Wände und die hohen Gewölbe sind mit blauen und grünen Mustern verziert, ein meditatives Bild, an dem man sich schwer sattsehen kann.    

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