
Hervas und der Norden von Extremadura – alte Städte in weiten Landschaften
Nach zwei Tagen im Auto erreichten wir spät am Abend den Campingplatz in Hervas. Dank der spanischen Zeiten, die perfekt zu unseren passen, konnten wir um halb elf noch einchecken. Es war Samstag Abend und die meisten Leute waren sowieso noch beim Abendessen.
Bei Tageslicht betrachtet fanden wir uns umgeben von Bergen, Olivenhainen und Schafen. Hier lernten wir auch das seltsamste Wetter kennen. Mitten in der Nacht zog ein Sturm auf, der nur die Baumwipfel betraf, am Boden war es hingegen windstill und wurde immer wärmer.
Die Altstadt von Hervas liegt ein Stück die Hauptstraße hoch. Wir waren noch etwas früh dran, weil wir mit einem früheren Sonnenuntergang gerechnet hatten, so war die Stadt leer und heiß. Die spanischen Touristen waren klüger und ließen sich erst eine Stunde später blicken. Die hübschen Straßen der Altstadt waren mit bunten Fähnchen geschmückt, wahrscheinlich für den anstehenden Feiertag, dia de Extremadura, vielleicht aber auch immer. Nach einem kurzen Spaziergang erreichten wir das jüdische Viertel, am Hang über dem Fluss, wo die Häuser mit viel Holz gebaut und mit Pflanzentöpfen geschmückt sind. Kaum ist man drin, hat man sich in den verworrenen schmalen Gässchen und Treppen auch schon verlaufen. Das Flüsschen im Tal, mit der alten Steinbrücke macht die Atmosphäre noch idyllischer und bietet wieder Orientierung.
Rings um die Stadt erwartete uns eine herrliche Landschaft aus alten knorrigen Bäumen und hübschen Tälern. Über eine schmale kurvige Bergstraße schlängelten wir uns zum Nationalpark Gargante de los Infiernos. Zwischen dichten Korkeichenwäldern hindurch ging es hinauf zu wahnsinnigen Aussichten auf unglaublich weite Landschaften und durch eine Ziegenherde, die natürlich Vorfahrt hatte. Vorbei an kleinen Dörfern ging es schließlich wieder nach unten, durchs Vale de Jerte.
Hier unternahmen wir eine Wanderung durch Eichenwälder zum Fluss, wo die Pylones mit einer Erfrischung auf uns warteten. Die weißen glattgewaschenen Becken sind ein perfekter Badespot und so waren wir natürlich nicht die einzigen, die hier den Nachmittag verbrachten. Auf den Felsen sonnten sich schon einige Leute und wir durchsuchten das Gelände nach einem geeigneten Einstieg. Der Einstieg schien uns auch machbar, aber ob man auf dem glatten Fels wohl je wieder heraus kommt? Wir beobachteten eine Familie, die sich diese Frage nicht zu stellen schien. Der Vater rutschte an einer flachen Stelle hinein und verschwand, tauchte aber zum Glück wieder auf. Unter dem Wasserfall scheint sich eine Höhle zu befinden, für uns und die Mutter war der Schreck jedenfalls groß. Die Kinder wurden nachgereicht. Wir entschieden uns daraufhin für einen Badeplatz weiter unten im Fluss, wo der Einstieg einfachen war. Später erfuhren wir dann auch, wie man oben wieder raus kommt. Gar nicht. Die Familie hatte sich nach einer Stunde Becken für Becken zu uns nach unten vorgearbeitet.
Auch im unteren Becken konnte man gut schwimmen und sich auf den Felsen sonnen, wer die tiefen Stellen kannte, rutschte oder sprang auch von den glatten Steinen hinein.
Etwas weiter von Hervas entfernt liegt das Städtchen Robedillo de Gata, im Katzengebirge. Ein paar Zwischenstops wegen Hunger oder Neugier ließen uns den ganzen Vormittag für den Weg benötigen. Als erstes interessierte uns ein Stausee an dem wir vorbei kamen. Auch hier gab es wieder diese weiten Landschaften, mit endloser Aussicht. Um den See wuchsen einzelne Korkeichen und gelbes Gras auf sandigem Boden, in der Ferne gab es eine Ruine mit Palme, ein seltsam unwirklicher Ort. Zwischen den großem Felsbrocken am Ufer pausierte ein Ziegenhirte auf seinem Quad unter einem Baum. Er war mit einer riesigen Herde aus riesigen Tieren unterwegs.
Im Gebrige legten wir eine Mittagspause ein, der Spaziergang durch die Sonne hatte uns hungrig gemacht. Wir fanden einen Picknickspot mit Bergblick am Straßenrand und kochten uns Spagetti.
Schließlich schlängelte sich die Straße wieder ins Gebirge und wir sahen von oben eine kleine Stadt am Hang, Robedillo de Gata. Die Siesta hatte schon begonnen, sodass die Stadt gespenstisch ruhig und leer war. Ungestört durchstreiften wir die schattigen Gassen und Gänge, oft führten die Wege durch Häuser hindurch und über uns quoll Stroh aus dem Boden des nächsten Stockwerks. Die parallelen Straßen sind durch Treppen verbunden und auf einem schmalen Pfad kann man außen an der Stad am Fluss entlang gehen. Auf der anderen Flussseite liegen die Gemüsegärten und am Hang dahinter Olivenhaine und Weinberge.
Die Geschäfte hatten zwar zu dieser Uhrzeit geschlossen, gieriges ins Schaufenster starren lockte dann aber doch einen Ladenbesitzer an, der uns in seinem urigen Geschäft Wein und Olivenöl verkaufte.
Am Ortseingang hat sich das Städtchen den Fluss zu einem idyllischen Pool aufgestaut, in den ein kleiner kühler Wasserfall plätschert. Badesachen einzupacken zahlt sich in Extremadura immer aus.
Zurück in Hervas entdeckten wir ein weiteres spannendes Fleckchen, einen verlassenen Nachbarort. Das Städtchen Granadilla fiel dem nahegelegenen Stausee zum Opfer. Man ging wohl davon aus, dass der Ort überflutet werden würde, also mussten die Bewohner umziehen. Das Wasser stieg jedoch nie so hoch und so blieb eine Geisterstadt zurück, die nur über eine einzige lange Straße durch kuschelig aussehende Pinienwälder zu erreichen ist.
Im Ortskern sind die Häuser frisch gestrichen, weiter außerhalb dem Verfall preisgegeben. Von den ehemaligen Plätzen hat man interessante Aussichten auf die halb verfallene Stadt. Die Natur holt sich den Sportplatz zurück und die Bäume in den Gärtchen wuchern langsam in die Häuser hinein, hier und da blühen bunte Sträucher und durch die Fenster kann man die zurückgelassenen Habseligkeiten sehen. Einzelne Bewohner gibt es noch, am Stadtrand trafen wir auf zwei Hängebauchschweine. Christian pflückte ihnen ein paar Feigen.