
Gozo – Tempel und was die Leute hier im Keller haben
Vom einen Ende der Insel fuhren wir ans andere, die weiteste Strecke, die man hier zurücklegen kann. Etwas länger als eine Stunde waren wir dafür unterwegs, aber auch nur weil wir uns noch nicht so gut an den Linksverkehr gewöhnt hatten und die Straßen selbst auch etwas gewöhnungsbedürftig sind. Das letzte Stück zur Fähre führte zum Teil einspurig über steile Serpentinen und durch hügelige, trockene Landschaften, kein Fluss, keine Bäume. Die einzig nennenswerte Vegetation auf Malta scheinen Kaktusfeigen, aber davon viele. Man benutzt sie als Grundstücksgrenze, um Mauern zu begrünen, und der Rest sät sich überall selbst überall aus.
Bald konnten wir die Insel Gozo schon sehen. Wir hatten Glück, fuhren gerade noch auf die Fähre, die dann auch gleich ablegte. Vorbei am Inselchen Comino, trocken wie alles hier, erreichten wir nach einer halben Stunde den Hafen von Mgarr. Seltsam, fuhren wir schwarz oder ist die Fähre kostenlos? Von Gozo kommt man nirgendwo anders hin, also spart man sich das Kassieren auf Malta. Wer nach Gozo fährt, kommt irgendwann auch wieder zurück und dann erst braucht man ein Ticket.
Immer noch fast 30 Grad, also suchten wir schnell den nächsten schönen Strand. Ramla Bay sollte es sein, eine gute Wahl. Der Sandstrand ist Maltagelb und draußen vor der Bucht gibt es eine Barriere unter Wasser, die früher vor feindlichen Schiffen schützen sollte und heute verhindert, dass der schöne Sand weggespült wird. RIngs um den Strand ragen Hügel mit alten Mauern und Höhlen auf, auch in Maltagelb. Nur die einzelnen bunten Sonnenschirme bringen andere Farben ins Bild, und das klare blaue Wasser. Von irgendwoher schlängelt sich ein schmaler Bach ins Meer, in dem sich die umliegenden Felsen spiegeln. Das einzige Süßgewässer, das wir bisher in diesem Land gesehen haben. Wir blieben bis zum Sonnenuntergang, den unser Vermieter später als einen der schönsten auf Gozo empfahl.
Wo man auf Gozo übernachtet, ist eigentlich egal, denn die Insel ist wirklich nicht groß. Umso überraschter waren wir, was es in den nächsten Tagen auf so kleiner Fläche alles zu entdecken gab, so viel Abwechslung und Einzigartiges.
Wir wählten erstmal eine ländliche Unterkunft in Nadur und kamen hier zum Frühstück in den Genuss des leckeren maltesischen Sauerteigbrotes. In Malta gibt es offenbar auch zu jeder Mahlzeit Salat, auch zum Frühstück. Obwohl hier nichts dergleichen wächst. Purer Luxus. Das beliebteste Fleisch ist Hase, als Braten, mit Nudeln, in Ravioli oder auf dem Burger. Größere Wildtiere gibt es hier nicht. Lecker, aber schwierig zu essen. Überraschend lecker ist auch die bittere maltesische Limo, Kinnie, aus Chinotto und Wermut, die hier beliebter ist als Cola.
Wie alle Städte liegt auch Nadur oben auf einem Hügel und beim Rein- und Rausfahren hat man eine wahnsinns Aussicht über die halbe Insel. Auf jedem Hügel steht eine Stadt oder eine Kirche, meistens beides. Angeblich kann man auf Gozo ein Jahr lang jeden Tag eine andere Kirche besichtigen. Die in Nadur ist jedenfalls von außen besonders schön, nimmt ein Drittel des Stadtzentrums ein und ist wahnsinnig detailiert verziert.
Auf dem Platz hinter der Kirche beobachteten wir auch hier wieder das abendliche “in dritter Reihe parken und rangieren” und unser Vermieter bewarb seinen inkludierten Parkplatz vor der Tür, für den man nur um eine Palme zirkulieren und dabei einen geschickten Slalom um andere parkende Autos absolvieren muss. Er hatte wenig Verständnis dafür, dass wir das Auto lieber auf einem großen Parkplatz an der breiten Hauptstraße ließen, denn der war mindestens 100 Meter, also fast 2 Minuten zu Fuß entfernt.
Dabei ist es gar nicht so, dass die Malteser nicht zu Fuß gingen. Es scheint nur so, dass, wenn man schon ein Auto dabei hat, dann will man damit auch genau zum Ziel.
Zeit für einen Besuch im Tempel, denn davon gibt es in Malta viele. Sie sind 5000 Jahre alt und niemand weiß wer sie gebaut hat, oder wozu. Die Menschen dieser Gesellschaft sind einfach verschwunden, vielleicht einer Naturkatastrophe zum Opfer gefallen, für Ernteausfälle lässt sich auf diesen kleinen Inseln kaum vorsorgen.
In Xaghra liegt der Ggantija Tempel, bei dem noch die Grundmauern der kleeblattförmigen Kammern erhalten sind. Man betritt das Gelände von oben, mit Blick auf eine gut erhaltene Außenmauer und dahinter eine weite Aussicht auf die Landschaft.
An den Eingängen gibt es große, saubere Löcher im Fels, wo vielleicht Seile für verschließbare Türen befestigt waren. Die sauber bearbeiteten Steine und hohen Mauern faszinieren uns umso mehr, weil damals noch keine Metallwerkzeuge hergestellt wurden. Es muss Generationen gedauert haben, diese Gebäude zu errichten.
Zum Tempel gehört ein kleines Museum, in dem wir erfuhren, dass man damals das Rad noch nicht erfunden hatte, stattdessen aber Kugeln aus dem Stein schlug, um die großen Felsplatten darauf zu bewegen. Der Tempel war außerdem mit großen Skulpturen geschmückt, bei denen meist nicht klar ist, ob sie männlich oder weiblich sind. Die meisten Figuren haben eine Art Topfschnitt und sind ziemlich fett.
Rund um den Tempel wachsen Granatapfelbäume, lecker, aber diese Sauerei und das Gefummel mit den kleinen Kernen. Glücklicherweise hatte jemand schon einige Granatäpfel geschält und zum Mitnehmen am Wegesrand platziert. Die Kerne waren zuckersüß. Eine unerwartete extra Sehenswürdigkeit sind die vielen Eidechsenartenarten auf den heißen sonnigen Steinen.
In einem Wohngebiet in der Nähe fanden wir eine andere, viel kleinere Sehenswürdigkeit. Dafür mussten wir an einem der Wohnhäuser klingeln und dann warten, bis eine ältere Frau angeschlurft kam. Sie wohnt ein paar Häuser weiter, aber die Familie teilt sich die Führungen der Gäste, weil es an manchen Tagen bis zu 30 mal klingelt. Heute ist sie dran, an anderen Tagen kommen die Enkel oder die Schwester.
Ihr Opa jedenfalls war es, der wie auch einige Nachbarn, einen Brunnen direkt unter seinem Haus graben wollte. Doch statt Wasser fand er im Keller eine Tropfsteinhöhle. Das ist hier keine Seltenheit. Nun kann man die Höhle über eine sehr schmale Wendeltreppe besichtigen und obwohl sie wirklich klein ist, enthält sie die faszinierendsten Formationen. Mit dem Brunnen hat es dann ein paar Meter weiter doch noch geklappt. In Xaghra gibt es mehrere Häuser, die so eine Höhle im Keller haben.
In Xaghra, so klein der Ort auch ist, gibt es noch mehr zu sehen, eine hübsche Kirche, die obligatorischen schönen Häuser mit Skulpturen im Eingang, Heiligen an der Fassade und Schreinen im Fenster und den obligatorischen Platz, auf dem man in der dritten Reihe parken kann.
Außerdem eine alte Windmühle. Witzigerweise unterscheidet sich die Einrichtung des Museums nur im Alter von den heutigen Häusern, ähnliche Betten und Schränke fanden wir in unseren Unterkünften. Schränke werden hier oft einfach in den dicken Steinwänden ausgespart, Regalbrett rein, Holztür davor, fertig. Heute, wie vor 500 Jahren. Naja, die alte Küche, einfach aus dem Stein geschlagen und die alten Werkzeuge sind natürlich schon was anderes.
Spannend an der Mühle war das Mahlwerk ganz oben, das sogar noch funktioniert, aber blockiert war. Wie hat man bloß diesen riesigen Mühlstein hier hoch gewuchtet?