
Chengdu – Chilli, Chilli, Chilli, Tee und Ohrputzer
In China ist es wichtig, dass man jemanden kennt, der jemanden kennt und so kamen wir zu einer tollen 2-Zimmerwohnung in einer herrlichen Anlage mit riesigem Gartenteich, deren Bewohner einfach woanders übernachteten. Freunde von Freunden unserer Freundin… einen Schlüssel bekamen wir nicht aber unser Gastgeber Ji meinte wir sollten einfach klingeln und wenn die Security sieht dass wir Ausländer sind, werden sie uns einfach rein lassen. Aha.
Auch hier gab es wieder das Problem mit den Taxis und die Lösung: jemanden kennen, der jemanden kennt, der einen illegalen Taxifahrer kennt, der uns vom Flughafen abholte und die komplizierten Strecken fuhr.
Wir trafen Ji in seiner Wohnung und er sagte wir würden jetzt erstmal essen gehen. Auf meine Frage, was denn?, bekam ich die Antwort „was lustiges“ und das traf es ganz gut.
Eine Spezialität in Sichuan ist Chuan Chuan, nahe mit Feuertopf verwandt. Wie bei allen Gerichten in Sichuan ist die Grundzutat Chilli, alle anderen Zutaten kommen in homeopatischen Dosen dazu. Die nahezu unerträglichen Schmerzen im Rachen führen dann zu Halluzinationen in denen man sich andere Geschmacksrichtungen einbildet. So jedenfalls meine persönlich Hypothese zur Küche dieser Region.
Glücklicherweise bekamen wir im Suppentopf einen Teil in nicht scharf abgetrennt, sodass wir doch noch große Freude an diesem Abendessen hatten.
Das Restaurant war mehr eine große Halle, laut und voll mit Familien, Bauarbeitern und Gruppen die um kleine Tische saßen. Es wurde viel gebrüllt und geraucht und der Boden war von einer dicken Ölschicht überzogen, die aus jedem Gang zum Buffet ein großes Abenteuer machte. Wir holten uns alle möglichen Zutaten, Fleisch, Gemüse, Nudeln usw. auf langen Spießen um sie in dem großen Topf in der Mitte des Tisches zu kochen. Nach und nach trauten wir uns auch mal was aus der gruseligen roten Topfhälfte zu nehmen.
Was man nicht kocht, kann man einfach zurück zum Buffet legen. Zusätzlich bekamen wir eine große Schüssel mit Öl und wahnsinnig viel Knoblauch und Koriander. Es war wahnsinnig lecker und lustig.
Die nackten Spieße und alles was sonst an Müll anfiel landete in einem Eimer neben dem Tisch und nach dem Essen kam die Bedienung und zählte die Spieße für die Rechnung.
Vollgefuttert wie wir waren, wollte Ji uns ins Touri Kneipenviertel führen aber ein Freund, der ebenfalls mit essen war, wollte sich lieber mit Leuten auf einer anderen Trinkmeile treffen. Da wir weder die eine noch die andere kannten, gingen wir mit.
In Jiuyanqiao gab es eine lange bunte Straße voll mit Bars wo man direkt am Fluss sitzen konnte. Dort trafen wir die Freunde der beiden, die bereits mehrere Tische belagert hatten. Das Bier wurde Kastenweise bestellt und aus winzigen Gläsern, kaum größer als Schnapsgläser getrunken. Natürlich wollten alle sehen, wie viel wohl die Deutschen davon vertragen und jeder wollte einzeln mit uns anstoßen. Wegen des geringen Alkoholgehalts wurde unsere Grenze eher durch die Flüssigkeitsmenge gezogen, den Chinesen hingegen setzten die vielen Flaschen TsingTao ganz schön zu. Wir hatten einen tollen Blick auf die Brücke und hin und wieder kam ein Straßenhändler vorbei und brachte Snacks, z.B. gegrillten Hasen. Dann wurde die nächste Kiste Bier bestellt. Einige Leute konnten etwas Englisch sodass wir uns nicht nur mit Händen uns Füßen unterhalten konnten und wie das so ist mit genug Getränken versteht man sich schon irgendwie.
Da es nachts schwierig war ein Taxi zu bekommen, machten wir uns später zu Fuß auf den Heimweg. Die Straßen wurden von Lichterketten in den Bäumen beleuchtet und uns begegnete schon das erste Straßenreinigungsauto, das im Minutentakt immer wieder die gleiche Melodie spielte.
Nach dem Frühstück im 7eleven versuchten Christian und Xi mal wieder Zugtickets zu kaufen, von Xian nach Peking. Zwei Versuche in Peking waren erfolglos geblieben. Die beiden nahmen ein Motorradtaxi, weil sie hofften damit schneller durch den Verkehr zu kommen. Das klappte auch, allerdings ohne Bremse und im Gegenverkehr.
Später sahen wir uns die Stadt an. Ji empfahl uns, bei einem Spaziergang im Park oder am Fluss die Ohren putzen zu lassen, denn Chengdu ist für seine Ohrputzer bekannt. Überall sieht man sie am Straßenrand mit filigranem Langem Werkzeug ihre Kunden bedienen. Eine Teeverkäuferin riet uns aber später davon ab, da sich wohl schon der eine oder andere eine Ohrenentzündung zugezogen hätte.
Unser Stadtspaziergang führte uns als erstes zu einem Daoistischen Tempel Quingyang Gong, der Tempel der schwarzen Ziege. Eine Oase der Ruhe, mit der besonderen Tempelatmosphäre, die sich wie ein andere Welt anfühlt. Die schwarze Ziege vor der ersten Tempelhalle war schon ziemlich abgegriffen. Hinter dem großen, dunklen Eingangstor befindet sich eine kleine Pagode. Dahinter ziehen sich die anderen Tempelhallen in einer geraden Line über das Gelände. Auf den dunklen Dächern finden sich kleine Tierfiguren und Menschengruppen. Im Hof zündeten einige Leute Räucherstäbchen in großen Kesseln an.
In der Nähe gibt es einen großen Park, wo wieder geschälte Gurken als Snack verkauft wurden. Zwischen spielenden Kindern trafen sich Gruppen älterer Menschen zum Tai Chi, hier und da wurden kleine Spielzeuge und Süßigkeiten verkauft. Außerdem gab es einen großen Teich mit einem riesigen Teehaus. Wir mieteten uns ein Tretboot und ließen uns durch die Sonne treiben.
Vom Park kamen wir auf eine Einkaufsstraße mit jeder Menge Teegeschäften, denn in Sichuan gibt es viele Teeanbaugebiete. Bisher mit der Vielfallt der grünen Tees kaum vertraut, lernten wir sie hier kennen und lieben. Wir wählten eines der schicken Geschäfte und gingen hinein. Mit den vielen Sorten konnten wir erstmal nicht viel anfangen, die Tüten sahen verschieden aus, aber außer den Preisschildern konnten wir nichts über deren Inhalt lesen. Glücklicherweise fanden wir schnell heraus, dass Tee kaufen hier wie Wein kaufen funktioniert und setzten uns an den kleinen Tisch der Verkäuferin gegenüber. Mit der richtigen Ausrüstung, einem Holztablett mit Wasserbehälter, Glaskännchen, winzigen Teetässchen und einer großen Pinzette wurden uns verschiedene Tees gezeigt und zum probieren aufgegossen. Und tatsächlich war der geschmackliche unterschied riesig. Wir entschieden uns für zwei Sorten in der mittleren Preislage.
Draußen vor einem anderen Geschäft wurde mit spektakulären Vorführungen geworben.
Pünktlich zur Abendessenszeit kamen wir in einem kleinen Shopping- und Ausgehviertel an, das wohl übersetzt kleine Straße und große Straße heißt und suchten hier erstmal ein Restaurant aus. Es war groß und im Untergeschoss gab es Livemusik mit traditionellen Instrumenten. Die Hauptzutat des Abendessens war, wer hätte es gedacht, Chilli. In einer Suppe schwamm sogar so viel, dass die Bedienung erstmal einen Teil der Schoten abschöpfte und mitnahm, damit wir an den Rest der Suppe kamen. Nach dem Essen zogen wir weiter durchs Viertel, an Straßenständen wurden allerlei interessante Leckereien verkauft, z.B. mundgeblasene Zuckertiere und es gab hübsche kleine Geschäfte. Außerdem gab es überall Souvenirs mit Pandaohren, – tatzen, ganzen Pandas…
Eine Frau zerrte mich aufgeregt am Arm, weil sie ein Foto mit Christian haben wollte.