
Bus fahren in Rakine – was Reiseblogs und der Lonely Planet verschweigen
14 Stunden Busfahrt hatten wir nach Mrauk-U noch vor uns und weil die vorherige Busfahrt so komfortabel war, machten wir uns darüber wenig Gedanken. Als uns der Bus vom Hotel wieder abholte erschraken wir aber etwas. Es war mehr ein Linienbus mit ganz engen Sitzen und eine bequeme Sitzposition zu finden war kaum möglich. Eine viertel Stunde später, Erleichterung. Das war garnicht der richtige Bus, er brachte uns nur nach Tandwe, wo wir noch fast zwei Stunden auf den richtigen Bus warten mussten. Leider war der nicht besser, sondern sogar noch älter und aus irgendeinem Grund waren alle Sitze in Folie verpackt. Tja, jetzt hatten wir keine Wahl mehr. Wir bekamen Wasser und pro Person zwei braune kleine Tüten, dann ging es los. Die ersten drei Stunden waren ganz ok, wir konnten uns mit der traumhaften Landschaft ablenken, ab und zu stieg in einem kleinen Dorf noch jemand zu. Einige Leute trugen einen Mundschutz. Wofür blos? Dann hielten wir am Busbahnhof in Taunggok. Das obligatorische Huhn wurde eingepackt und als alle wieder eingestiegen waren, wurden dort wo noch keine Taschen und Säcke standen Plastikstühle auf den Gang gestellt und Leute setzten sich darauf. Für die nächsten 10 Stunden war es wirklich sehr eng im Bus.
Direkt neben uns auf einem Stuhl im Gang saß eine Frau mit Kind und das Kind schnüffelte schon verdächtig verkrampft an einer Orange. Kaum hatten wir den Ort verlassen, hörten wir die ersten Kotzgeräusche von hinten. Die Straße war zwar holprig aber eigentlich nicht so schlimm. Da hat sicher jemand einen sehr empfindlichen Magen, dachten wir. Kaum war die Frau neben uns kurz eingeschlafen, legte das Kind los, dann die Frau ganz vorn, dann wieder Leute hinten. Bei Tageslicht schafften wir es noch ganz gut uns auf die Landschaft zu konzentrieren. Dann stieg die Frau mit Kind aus und ließ die vollen Kotztüten im Gang liegen. Kurz darauf hielten wir an einem Schlagbaum, viele Leute stiegen aus und trampelten die Kotztüten breit, während sie über die Plastikstühle kletterten. Ich musste beim aussteigen etwas würgen, die anderen Fahrgäste waren aber ziemlich unbeeindruckt, viele genehmigten sich erstmal eine Nudelportion.
Das Quietschen des Busses und Klappern der gruseligen Brücken lenkte ein wenig von den vielfälltigen Würggeräuschen ab, mit viel Fantasie half auch die Vorstellung dass einfach nur Zombies mit im Bus waren, die Geräusche klangen ähnlich. An jedem Schlagbaum wurden unsere Ausweiskopien abgegeben. Der Busbegleiter öffnete ab und zu die Tür und warf eine volle Kotztüte hinaus. Weil der Bus ziemlich schwer war, musste er vor einem Anstieg immer Schwung holen um hoch zu kommen, in solchen Momenten wünschten wir uns ein Regencape.
Später hielten wir noch an einer großen Raststätte wo sich die meisten ein üppiges Curry genehmigten. Klar, die Mägen waren ja leer.
Auf der Suche nach der Toilette fühlte ich mich wie in einer anderen Welt. Man musste quer durch die mit Kohleöfen ausgestattete Küche wo Wasserkessel auf Lagerfeuern am Durchgang köchelten.
Als es anfing zu regnen mussten wir in den Bus und ohne Belüftung auf den Busfahrer warten. Die Einheimischen rafften beim einsteigen ihre lange Röcke hoch, hielten sich die Nasen zu und kletterten über Kotze und Plastikhocker wieder auf ihre Plätze. Der erste legte sofort los, als er wieder saß, ohne das sich der Bus auch nur einen Zentimeter bewegt hätte. Andere deckten sich beim einsteigen nochmal großzügig mit Kotztüten ein. Der Busbegleiter gab zwar jedem noch mal zwei, vielen reichte das aber nicht. Dann wurde es noch etwas ekliger. Die Frau, die ganz vorn saß wischte den Boden etwas mit Zeitungspapier trocken und legte sich hin. Der mit Taschen vollgestellte Fußraum nebenan sah aus als hätte sich eine Nudelpotion von hinten vorgearbeitet. Außerdem machte der Bus auch noch komische Schlaggeräusche, aber wir schafften es trockenen Fußes ans Ziel. Allerdings als einzige. Wir kamen an den anderen beiden Bussen vorbei, die mit uns gestartet waren. Beide waren liegen geblieben.
Nach dieser Busfahrt wird uns jede andere wie ein Spaziergang vorkommen, dachten wir und buchten kurzer Hand den Bus von Mrauk-U nach Bagan vier Tage später. 16 Stunden. Naja, ganz so schlimm war es tatsächlich nicht, der Bus war nämlich nur halb voll und etwas komfortabler. Der Anteil an reisekranken Einheimischen war aber genauso hoch. Beim ersten Stop spuckte erstmal ein Kind sein Frühstück ganz vorn auf den Gang. Für die Einheimischen hieß es wieder Rock hoch raffen und drüber steigen, mit Hosen hat man es da leichter. Als es weiter ging schaffte es ein Typ zwei Sitze vor mir nicht seine Tüte rechtzeitig rauszuholen, er versuchte den Schaden mit der Hand zu begrenzen. Allerdings verteilte er damit den Schwungvollen Schwall nur über eine weitere Fläche. Fairerweise muss man sagen, dass in diesem Bus immer sofort versucht wurde alles sauberzumachen, die Busbegleiterin verdiente großen Respekt.
Zwischendurch fuhren wir mit dem Bus auf eine fragwürdige Fähre, weil die Brücke daneben noch etwas fragwürdiger aussah. Wir blieben im Bus sitzen und fuhren den Fluss runter.
Ab und zu kam die Busbegleiterin an uns vorbei, schleppte ein paar volle Tüten nach vorn, Tür auf und raus damit und verteilte großzügig neue Tüten. Nachdem wir den Fluss überquert hatten ging es bald richtig hoch ins Gebirge, mit Serpentinen und steilen Abhängen und Kurven, Kurven, Kurven.
An einer Raststätte gab es für alle außer uns nochmal Curry, das wirklich nicht frisch aussah. Der Bus fuhr los und raus damit. 10 Minuten später hielten wir nochmal, alle stürmten raus, kotzten großflächig den Garten des nächsten Restaurant voll, spülten sich die Flip Flops ab und weiter gings. Das fanden wir allerdings bemerkenswert, wie schnell die Leute hier verdorbenes Essen wieder los werden. Danach ging es ganz normal weiter.
Die Kontrollen waren auf dieser Strecke intensiver. An jedem Schlagbaum mussten alle aussteigen und alle Pässe wurden genau kontrolliert. Wir mussten an ein extra Fenster für Ausländer.
Mitten in der Nacht kamen wir von Kyauk Padaung an, von wo wir eigentlich schon den Minivan nach Bagan bezahlt hatten. Hier versuchte uns zum ersten mal jemand abzuziehen, genau genommen wahrscheinlich sogar die Busgesellschaft. Die Busbegleiterin sprach plötzlich kein Englisch mehr, ignorierte uns und überließ uns einer Frau die an der Haltestelle ein Restaurant betrieb. Die Einheimischen gingen zum Minivan und die Frau versuchte, während sie immer wieder betonte dass sie uns nicht abzieht, uns glaubhaft zu machen es gäbe keinen Minivan und dass wir in ihrem Restaurant auf einen Bus warten müssten. Obwohl wir ziemlich übermüdet waren erkannten wir aber noch die geringe Wahrscheinlichkeit, dass ein Bus fahren würde wenn die Einheimischen alle den Minivan nahmen. Mit viel Beharrlichkeit schafften wir es dann doch noch im Minivan nach Bagan mitgenommen zu werden.