
Balaton – Badesee mit Langosch, Wein und Burg
Ungarn ist garnicht so weit, perfekt für eine nächtliche Zugfahrt. Zum Glück waren wir zu viert und hatten ein Abteil für uns, denn die Liegewagen der ungarischen Züge sind enger als erwartet. Vielleicht die engsten Nachtzüge der Welt? Eingedeckt mit Snacks und Getränken standen wir am frühen Abend am Bahnsteig. Kaum hatten wir unser Abteil gefunden, wunderten wir uns. Wohin mit dem Gepäck? Gerade so verstauten wir zwei Rucksäcke oben und zwei zwischen den unteren Betten, womit der Platz zum Sitzen vom Minimum auf “irgendwie zusammenkuscheln” schrumpfte. Im Abteil nebenan waren sogar sechs Personen, die sich offensichtlich nicht kannten. Die letzten beiden standen erstmal ratlos davor.
Bei uns jedenfalls, ging es irgendwie. Zumindest so lange, bis der Zug eine Stunde Aufenthalt in Salzburg hatte und die Lüftung ausgeschaltet wurde. Bei längeren Aufenthalten konnte man zwar bequem aussteigen, aber in Salzburg war längst Schlafenszeit. Am Abend bekamen wir den Fahrschein abgenommen und mit dem Frühstück vom Schaffner wieder ausgehändigt, dafür muss man die also ausdrucken. Der Schaffner schlief und netflixte im Abteil nebenan und verkaufte uns ab und zu ein kaltes Bier aus dem kleinen Kühlschrank neben seinem Bett. Am morgen überraschten uns Brandgeruch und Alarm aus dem Nachbarwagon, denn in Ungarn ist rauchen auf dem Bahnsteig verboten.
Trotz allem, ich würde es wieder tun, vielleicht beim nächsten mal im etwas geräumigeren Schlafwagen.
Wenn wir schon mal in Ungarn sind, dann müssen wir auch zum Plattensee, den wir uns eigentlich wie ein kleines Meer vorgestellt hatten. Aber dazu später mehr. Wir mieteten ein kleines Ferienhaus mit traumhaftem Ausblick auf den See, am gebirgigen Nordufer. Zu diesem Ausblick muss man aber erstmal kommen. Die letzten 100 Meter vom Parkplatz waren jedes mal eine kleine Wanderung, erst über steiles Geröll, dann einen schmalen Pfad über verwitterte Treppen hinauf. Dann lebten wir mitten in herrlicher Natur, unter uns ein kleines Lavendelfeld mit zahllosen bunten Schmetterlingen, darüber Wald und nebenan ein kleiner Weinberg.
Die Abende verbrachten wir auf der Terrasse, denn in dem verschlafenen Örtchen wurden früh die Bürgersteige hochgeklappt. Nach Einbruch der Dunkelheit besuchte uns regelmäßig ein schimpfender Baummarder im Haselnussstrauch, wo tagsüber Eichhörnchen knuspern und keckern. Die Entscheidung zwischen der Aussicht auf den See mit kleinen beleuchteten Örtchen und Bötchen oder auf den tiefen Sternenhimmel in der ländlichen Dunkelheit fiel Abend für Abend nicht leicht.
Am frühen Abend gingen wir hinunter ins Dorf zum Essen und lernten schnell die Besonderheit der ungarischen Öffnungszeiten. Offen bis zehn heißt wohl, manchmal ist ausnahmsweise jemand bis zehn da. Meistens ist aber viel früher zu, egal ob Museum, Supermarkt oder Restaurant. Eine Stunde vor Schluss reinzukommen ist Glückssache.
Die leckerste ungarische Küche mit hausgemachten Nudeln und Sauerkrautauflauf fanden wir am Yachthafen. Herrlich saßen wir hier neben den Booten am Schilf und blickten in den Sonnenuntergang, bis uns eine Horde Mücken verscheuchte.
Szigliget hat einen schönen Badestrand. Doch auf den ersten Blick fühlten wir uns wie im Schwimmbad, denn der Strand ist eingezäunt und es gibt nur Treppen an einer befestigten Begrenzungsmauer. Schnell erfuhren wir aber, dass man rund um die Uhr zum Strand kann und abends nur kein Bademeister mehr da ist. Das steinige Ufer ist über die Treppen gut zu überwinden, danach kommt Sand, der den See allerdings auch etwas trüb macht.
Schon am ersten Abend machten wir Bekanntschaft mit einer Schlange, die scheinbar regelmäßig zum Baden hier ist. Täglich sahen wir sie neugierig aus dem Wasser schauen. An beiden Seiten wird der Strand durch dichtes Schilf begrenzt, in dem sich Vögel tummeln und lautes Froschgequake zu hören ist.
Am anderen Ende des breiten schattigen Geländes gibt es eine kleine Fressmeile, wo man jederzeit ein leckeres Langosch oder Gulasch oder den beliebten frittierten Hekk, ein ganzer Seehecht, bekommt. In einer kleinen Holzhütte wurden diese röhrenartigen ungarischen Kuchen, mit dem zungenbrecherischen Namen Kürtöskalacs auf Stangen gewickelt und gebacken. Wir ließen unseren mit Zimt würzen.
Der Balaton ist zwar lang, aber nicht besonders breit, sodass man das andere Ufer gut sehen kann, außerdem ist er ziemlich flach. Zwischen dem Schilf fühlt er sich deshalb an, wie wir ein normaler, etwas größerer Badesee. Die Liegewiese mit ihren schattigen alten Bäumen tut dazu ihr Übriges.
Den am wenigsten warmen Tag, es führte etwas zu Erheiterung, dass ich ihn als den kältesten bezeichnete, suchten wir uns aus um die Umgebung zu erkunden. Szigliget hat eine riesige Burgruine, zu der wir eigentlich wandern wollten. Ob wir wohl unbewusst alle verfügbaren Schuhe bei heftigstem Unwetter über Nacht auf den Balkon gestellt hatten, um den steilen Berg dann doch mit dem Auto zu bezwingen? Wer weiß, jedenfalls gab es am Morgen erstmal fast nur noch Flip Flops und ähnliches, um das Haus zu verlassen. Für eine Wanderung völlig ungeeignet. Trotz kältestem Tag war auch der letzte Kilometer vom Parkplatz Wanderung genug.
Die Ruine erstreckt sich über ein riesiges Gelände über mehrere Stockwerke und in den erhaltenen Räumen gibt es Ausstellungen über die Entwicklung und das Leben auf der Burg.
Wieder am Parkplatz fanden wir einen ähnlichen Foodcourt wie unten am See. Trotz großer Auswahl landete wieder ein fettiges Langosch auf dem Teller. Dazu eine der beliebten, viel zu süßen Limonaden.
Auf dem Weg zum Balaton, hielten wir zum Mittagessen auf halber Strecke und bekamen im Restaurant einen Ausflug nach Badacsony empfohlen. Der Ort liegt gleich nebenan und ist von Weinbergen umgeben. Auf dem Weg durch die Hügel nach oben reiht sich Weinkeller an Weinkeller. Im empfohlenen Weingut fanden wir keinen Platz und entdeckten stattdessen eine kleine gemütliche Terrasse mit urigem Weinfass als Ausschank. Hier probieren wir uns durch. Als wir ankamen, war es recht voll und zwei andere Touristen boten uns ihre Plätze an. Sie würden den See schon kennen und seien nur zum Trinken da.
Die Weißweine in Badacsony sind leicht und süffig und wir deckten uns später für den Abend auf der Terrasse ein. Außerdem kauften wir leckere ungarische Salami zum Frühstück, scharf und fettig und wie bei allem hier ist die Hauptzutat Paprika. Was man im Ort nicht bekommt, sind Zigaretten. Dafür mussten wir ein ganzes Stück ins Hinterland fahren zu einem fragwürdigen Tabakshop in einem etwas abgerissenen Industriegebiet.
In der Mitte des Nordufers liegt die Halbinsel Tihany, eine hügelige Landschaft mit Lavendelfeldern und dem gleichnamigen Örtchen. Wir besuchten das Dorf, das leider völlig mit Ramschständen überfrachtet ist. Überall kann man Produkte mit Lavendel und Plastik aus China kaufen. Mit ein bisschen Geduld fanden wir dennoch ein paar regionale Souvenirs. Weiter oben wird der Ort beschaulicher. Bunte, üppige Gärten und Kunsthandwerk prägen hier das Bild zwischen den reetgedeckten Häuschen. Wir fanden einen gemütlichen, von Wein überwucherten Imbiss. Tja, was essen wir denn heute? Vielleicht mal Langosch? Und dazu ein Lavendelbier.