Baks-Rrjoll – Kühe am Strand

Baks-Rrjoll – Kühe am Strand

Achtung Kühe, das Schild kann man an den Landeseingang stellen und das gilt dann fürs ganze Land, außerdem Achtung Ziegen, Schafe, Schweine, Pferde und Hühner. An der albanischen Grenze am Skodersee, änderte sich das Bild sofort, überall qualmten Feuer auf den Feldern, Leute fühtren Kühe über die Straße und ein alter Mann lief mit einer Axt über den Standstreifen. Ja die Bauruinen und Hotels im Nirgendwo gibt es auch schon hier am See, so gewöhnten wir uns auch gleich daran. Die Leute lächelten freundlich und manche winkten uns zu, aber nicht aufdringlich, einfach nett. Die erste größere Stadt war Skodra, hier wuschen Leute ihre frisch gefangenen Fische im Rinnstein. Stadtauswärts gibt es erstaunlich gut ausgebaute und liebevoll begrünte Radwege und über all dem thront eine eindrucksvolle Festung. Wir fuhren Richtung Küste, nach der langen Anreise haben wir uns erstmal einen Strandtag verdient. 

Schnell wird es hinter der Stadt wieder ländlich und schon standen wir in der ersten Kuhherde und wurden kurz darauf von einer Pferdekutsche ausgebremst, scheinbar ein ganz gewöhnliches, albanisches Verkehrsmittel. Unterwegs kamen wir an einem Autohändler vorbei, der auch Kutschen im Angebot hatte. Schließlich begegnete uns noch eine Ziegenherde, Schweine und wieder Kühe, die dieses mal ziemlich stur und schwer zu durchfahren waren. Unter steilen Bergen entlang wurde die Straße immer schmäler, vorbei an einzelnen Bauernhöfen kamen wir in ein kleines Dorf, in dem ein sandiger Pfad zum Campingplatz abzweigte. Campingplatz? Hier sind nur ein paar Häuser, ein großes buntes Tor und dann ist der Weg vor einer Lagune zu Ende. Ah ja, große Tore sind in Albanien der übliche Eingang zum Campingplatz. Warum? Wer will schon morgens in einer Kuhherde aufwachen, und die Kühe lauerten schon nebenan. 

Der Betreiber empfing uns fröhlich und führte uns über die bunte Anlage, die er selbst aus Holz gezimmert hatte. Eine bunte Hütte mit offener Küche, Duschen und Hocktoiletten, alles sehr basic, aber gemütlich. Der Platz ist eigentlich nur so groß wie ein Garten, dennoch waren einige Leute da. Die meisten mit so kleinen Autos wie wir. In der Mitte und unterm Dach gibt es gemütliche Sitzgelegenheiten und einen Lagerfeuerplatz. Man kommt zwangsläufig mit anderen Gästen in Kontakt. Weil viele ähnliche klein Autos hatten wie wir, wurden auch erstmal die Einbauten begutachtet. Ein richtiges Wohnmobil passt hier auch kaum rein. Außer den Campern und dem Betreiber selbst, der sich als Sommerheim eine Holzhütte gezimmert hat, leben auf dem Platz zahllose wilde Schildkröten mit winzigen Babys.

Es war erst früher Abend, also nahmen wir uns ein Bier und machten uns auf den Weg zum Strand. Zwischen Strand um Campingplatz liegen nur 200 Meter, aber 200 Meter Lagune, über die eine klapprige Holzbrücke führt. Die Lagune ist länger  als man blicken kann und an den Rändern mit Schilf und Gras bewachsen. In der Ferne deutete sich über dem Wasser schon das goldene Licht des Sonnenuntergangs an. Die Minuten auf der Brücke lassen den Eindruck, mitten im Nirgendwo zu sein, ausreifen. Bis zur Abreise konnten wir uns auch nicht merken, wo wir hier überhaupt sind. Ort und Zeit spielen in dieser Abgelegenen Gegend wohl für niemanden eine Rolle. 

Dann kamen wir auf den langen breiten Sandstrand, die Kühe waren auch schon da. Zwischen verwitterten Holzpavillons und einzelnen aus der Saison verbliebenen Strohschirmen, setzten wir uns auf eine Bank aus Treibgut und lauschten dem Meer, bis die Sonne untergegangen war und wir gerade noch den klapprigen Steg erkennen konnten. Nach vier Tagen, endlich da.

Weil wir dachten, dass wir am Strand Geld brauchen würden, machten wir uns am nächsten Morgen auf den Weg ins Dorf, das besteht aus Kirche, kleinem Supermarkt und Schweineherde. Dafür mussten wir aber erstmal eine Schafherde durchqueren, mit Hörnern, ohoh. 

Am Strand gab es dann allerdings nichts mehr, wofür wir hätten Geld ausgeben können, nur uns, drei weitere Pärchen und zwei Kühe. Das Wasser war noch herrlich warm und wir hatten ein tolles Panorama auf die wunderschöne, fast unberührte Landschaft, mit den umliegenden Bergen. Die obligatorische Bauruine darf aber auch nicht fehlen.

Am Abend briet uns unser Gastgeber einen Leckeren Fisch und servierte ihn auf der Terrasse. Im Anschluss gab es Raki. 

Am nächsten Tag regnete es, also fuhren wir weiter, dem schönen Wetter nach. Auf dem ersten Stück in Richtung Osten gibt es keine Autobahn, nur verwucherte Feldwege, entsprechend verschmoddert. Kein einziges Auto in diesem Land weist auch nur ein Staubkorn zu viel auf, unseres hatte nun Farbe und Geruch eines Kuhfladens angenommen. Das war uns jetzt doch etwas unangenehm. In den Bergen Richtung Vjosa Tal war das Wetter wieder sonnig und wir steuerten eine der zahllosen Waschanlagen am Straßenrand an. Naja, Waschanlage ist zu viel gesagt, eigentlich sind es eher Pavillons und zwei Leute mit Kercher, die jedes Staubkorn gewissenhaft entfernten.

Der Verkehr war erstmal gewöhnungsbedürftig. Wer bremst hat verloren, wenn man fährt, kann man allerdings zu jeder Zeit aus jeder noch so kleinen Seitenstraße einfädeln und muss auch einfädeln lassen.

Die Kommentare sind geschlossen.