Bagan – wie viele Tempel?

Bagan – wie viele Tempel?

Ein paar mal hatten wir überlegt ob wir wirklich nach Bagan fahren sollten denn wir erwarteten dort die Tourihölle Myanmars mit Gruppenreisen und Spießrutenlauf durch Souvenierhändler. Wir entschieden uns dennoch dafür und hatten uns zum Glück geirrt. In Bagan gibt es über 2000 Tempel, darunter ein paar die von allen Reisegruppen angesteuert werden, der Rest verläuft sich denn die Gegend ist riesig. Ja, es gab an jedem Tempel Souvenierhändler mit Sandpaintings und für jeden Tempel musste man sich kurz die Bilder ansehen aber sie waren nicht besonders aufdringlich. Die meisten Schlüsselwächter nahmen nicht mal Trinkgeld fürs Rumführen, da hatten wir fast schon ein schlechtes Gewissen dass wir keine Souveniers kauften.

Die meisten unserer persönlichen Highligts haben wir planlos und zufällig entdeckt, viele Tempel haben keine Namen, nur Nummern. Vermutlich macht jeder der Bagan besucht seine ganz eigene Reise, denn das Gelände ist einfach riesig und man bräuchte Jahre um alles zu entdecken. Und jetzt wollt ihr sicher wissen, wie das so ist.

Das vertempelte Gebiet liegt zwischen den Dörfern Nyaung-U, wo die Backpacker hausen und wir, Alt Bagan wo es die großen Tempel und riesige Parkplätze für Gruppenreisebusse gibt und Neu-Bagan, wo die Leute leben die den Busparkplätzen in Alt-Bagan weichen mussten, und ein paar kleinen Dörfern im Osten. Um sich dort als Ausländer zu bewegen hat man nur E-Scooter zur Verfügung. Damit einmal außen rum zu fahren dauert ca. 1,5 Stunden. Das haben wir am ersten Tag gemacht um uns einen Überblick zu verschaffen. Von der Hauptstraße zweigen überall sandige Wege ab, die zu noch mehr Tempeln führen und eigentlich ist das ganze Gebiet mit Tempeln übersäht. Ich denke es gibt in der ganzen Gegend keinen Ort von wo man nicht mindestens 20 Tempel, Pagoden oder Stupas sehen kann, meistens sind es mehr. Einige sind von den letzen Erdbeben, das letzte 2016, kaputt und es liegen kleine Schutthaufen daneben. Andere sind verwildert und in Gestrüpp eingewachsen. Einige der Großen sind in kunstvolle Bambusgerüste gehüllt für Restaurierungsarbeiten. Jeder noch so kleine Tempel hat einen Schlüsselwächter, eine Art Hausmeister. Um die ganz kleinen kümmern sich die umliegenden Wächter zusammen mit.             

Gleich am ersten Tag lernten wir, dass so ein E-Scooter am Nachmittag seine Ruhe braucht. Mitten im Feld blieben wir wegen Überhitzung liegen. Da wir das System noch nicht kannten warteten wir einfach und irgendwann fuhr er wieder. Das System funktioniert folgendermaßen: man ruft sein Hotel an und bekommt einen neuen gebracht. Wir lernten es noch am selben Tag. Kurz vor der Straße die zum Hotel führt blieben wir am Abend wieder liegen. Wir wussten nicht so genau ob wir richtig waren und standen etwas dumm an der Straßenecke herum. Plötzlich kam wie von Zauberhand ein wildfremden Typ, stieg von seinem Roller ab, nahm uns unseren Weg und drückte uns einfach seinen Schlüssel in die Hand. Wir waren etwas verwirrt, bis wir den Hotel Anstecker entdeckten. Zwei Japaner die schon ein paar Tage länger da waren hatten uns wohl liegen bleiben sehen und bescheid gegeben.   

Weniger als Tempel gibt es, seit dem man auf die meisten Tempel wegen der Erdbebenschäden nicht mehr drauf darf, Orte von denen man den Sonnenuntergang sehen kann. Obwohl wir vier Tage in Bagan waren, machten wir dieses Spektakel nur ein mal mit. Mitten im Nirgendwo gab es zwei Aufgeschüttete Hügel, die nicht sonderlich hoch waren und auch nicht besonders nah an den Tempeln. Kurz vor Sonnenuntergang rafften die Souvenierhändler ihren Kram zusammen und begaben sich zu diesen oder ähnlichen Orten. Auf jedem Meter hielten sie uns Klamotten, Postkarten, Lackwaren, Sandpaintings und und und vor die Nase. Dass sie entweder sich selbst oder uns dabei furchtbar auslachten machte die ganze Situation weit weniger nervig, als das jetzt klingt. Der Aussichtspunkt ist irgendwie selbst eine Sehenswürdigkeit, hier wurden auch die 25.000 Kyat Eintritt für die Tempel kassiert, nicht an den Tempeln. Oben spielte ein Straßenkünstler Trommel und nachdem wir es durch die Händler geschafft hatten suchten wir uns ein Plätzchen am Hang und beobachteten den Anreiseverkehr. Dabei war der Hügel eigentlich schon voll als wir kamen. Reisebusse voll Touristen wurden über die sandigen Wege angekarrt, lange Reihen von Kutschen kamen aus der anderen Richtung. Einheimische fuhren unten mit Mopeds vorbei, lachten, winkten und machten Fotos. Der Sonnenuntergang selbst war dabei wenig spektakulär, zwischen uns und den Tempeln lagen die riesigen Felder wo morgens die Ballons starten. Am nächsten Abend sahen wir eine Pagode, die noch offen war und fragten uns, ob sie nicht von den vielen Leuten die darauf standen zusammen brechen würde oder ob der erste herunter fällt, wenn noch eine weitere Person dazu kommt. Vielleicht war der Blick von dort aber etwas besser.   

Und nun ein paar Eindrücke der Tempel.

Der Mahaboudi

Der Bupaja, am Fluss. Hierher wurden haufenweise Pickups mit Einheimischen gekarrt und das Gelände davor war voll mit Essens und Souvenierständen.

Der Ananda mit einem großen Parkplatz war ziemlich voll. Von außen ist der Tempel ziemlich eindrucksvoll weil er schneeweiß einzeln in einem riesigen Markt steht, der aber vielleicht auch nur für ein Fest dort Aufgebaut war. Am Eingang sprach uns eine aufgeregte Lackwarenhändlerin an und zeigte uns stolz ihren Namen in einem deutschen Reiseführer. Im inneren des Tempels gibt es an allen vier Seiten riesige grüne Holztore. Die Buddhafiguren sind stehend, riesig und blicken mit einem Breiten Gewand auf die Besucher hinab. Ziemlich eindrucksvoll.

Der Gwandawpalin war uns beim ersten Versuch viel zu voll, sodass wir noch ein zweites mal wieder kamen. Er sieht ein bischen aus wie eine Kirche und manche von den Buddhafiguren sind so groß, dass man kaum vorbei kommt.

Am zweiten Tag kamen wir an einem Tempel ohne Namen vorbei, der wie viele ganz verwuchert war. Wir wollten ihn fotografieren und den Roller im Schatten parken. Dort chillte gerade der Schlüsselwächter und meinte die Wandmalereinen seien gut, wir sollten mal rein schauen. Er wies uns eine klapprige Leiter hoch, die Treppe gab es nicht mehr und schloss auf. Dann zeigte er uns ein paar Wandbilder und gab uns seine Taschenlampe mit. Die Malereien, um die 1000 Jahre alt, waren wirklich gut erhalten, ganz bunt und detailiert. Leider durften wir keine Fotos machen, die Bilder beeindruckten uns sehr, wie sie im Licht der Taschenlampe auftauchten.

Der Nandamannya hatte auch noch ganz gut erhaltene Malereien, hierher kamen wir aber wegen dem angrenzenden Höhlenkloster. In den unterirdischen Gängen gab es ein Bett, das wohl noch jemand benutzte, der Rest war eher für Besucher gedacht und der großere Teil des Wohnbereichs abgesperrt. Die Mönche aßen gerade zu Mittag, genauso wie ein Haufen Katzenbabys.

Der nächste Tempel den wir etwas weiter südlich an der Hauptstraße besuchten war groß und weiß hatte aber entweder keine Namen oder wir fanden ihn nicht. Gegenüber gab es eine verfallene Mauer von der wir einen tollen Blick auf eine Gruppe verwucherter Ruinen hatten und die lokale Rushhour beobachten konnten. Die Straße führte in ein Dorf aus dem gerade eine riesige Kuhherde getrieben wurde. Aus der Gegenrichtung kam eine ebensogroße Ziegenherde. Für beide war die Straße zu eng und Kühe haben scheinbar Vorfahrt. Die Ziegen mussten auf eine winzige Wiese zwischen den Tempeln ausweichen und beschwerten sich furchtbar darüber.

Der Dhammayazika, riesig und auch mit Baugerüst eindrucksvoll.

Den Sittanapaya ist etwas abgelegen im Süden. Wir hatten Glück und waren allein dort, als wir kamen ging jemand und als wir gingen kam eine große Gruppe. Der Tempel ist riesig und gedrungen, ein Weg auf Holz und Glas führt wie ein Teppich auf das Gelände. Wir sahen keine Eingang und schlossen daraus, dass dieses wahnsinnig große Bauwerk massiv sein musste. Die unterste Ebene ist mit gemauerten Elefanten verziert, einige wenige davon sind noch verputzt. An der Westseite als wir fast rum waren, trafen wir auf die Schlüsselwächterin. Sie war ziemlich alt, sicher über 90 und schien auch nicht mehr viel zu sehen. Scheinbar wohnte sie in einer Hütte direkt auf dem Gelände. Als wir Wasser kauften bedeutete sie uns wir sollten warten und holte eine große Lampe. Dann zeigte sie uns eine Stelle mit einem kleinen Holzfenster in der Fasade und wo wir an der Mauer hoch klettern sollten. Sie folgte uns auf den schmalen vieleicht drei Meter hohen Absatz und leuchtete in einen dunklen Gang hinter dem kleinen Fenster. Leider trauten wir uns nicht durch das schmale Fenster, den der Gang dahinter sah etwas verfallen aus. Die Öffnung sah nicht aus, als wäre sie schon immer da gewesen, der Gang schon, gruselig. Am meisten beeindruckte uns aber diese alte Frau, wie sie auf dem Tempel herum kletterte.

Der Shwesandaw selbst war zu, der Schlüsselwächter schickte uns aber in ein unscheinbares eigentlich recht klein wirkendes Gebäude daneben, in dem wir auf einen riesigen liegenden Buddha trafen, der kaum in sein Haus passte.

Der Dhammayangyi hat eine ziemlich düstere Atmosphäre. In seinem inneren ist vielleicht irgendwas eingemauert, man weiß es nicht so genau und angeblich ließ der Bauherr seinen Arbeitern die Hand abhacken wenn eine Nadel zwischen die Steine passte. Die umlaufenden Gänge sind ziemlich spooky und riechen nach Fledermaus.

Draußen kauften wir uns eine Cola und als wir sie im Schatten trinken wollten brachte uns die Verkäuferin noch einen Teller Erdnüsse.

Der Tempel mit den Tierfiguren ist mir gleich am ersten Tag aufgefallen.

Die Tempelruine mit Aussichtsplattform. Eigentlich besichtigten wir gerade einen Tempel der auch ziemlich schöne, 800 Jahre alte Wandmalereien hatte. Nur zufällig entdeckten wir vom weiten, dass Leute oben auf einem benachbarten Tempel waren und spürten ihn im Gestrüpp auf. Der Schlüsselwächter ließ auch uns hoch und unterhielt sich  mit uns über die chinesischen E-Scooter und dass sich das Bildungssystem in Myanmar langsam verbessert.

Wir sahen noch vielen vielen Tempel und Orte über die wir irgendwann den Überblick verloren haben. Nach vier Tagen fühlten wir uns völlig übertempelt und buchten ein Boot nach Mandalay.

Vom Bau eines Bootsstegs versteht man hier weniger als vom Tempelbau. Zwei Bretter waren zu teuer? zu komplex? man weiß es nicht. Jedenfalls hätten wir gern gesehen wie wohl Koffer auf das Boot kommen, leider fuhren aber nur Leute mit Rucksäcken mit und eine Einheimische mit Tasche, die auf halber Strecke bei voller Fahrt auf ein Fischerboot umstieg. Vom Boot sahen wir dick eingepackt den Sonnenaufgang und die Sandklippen des Irrawady.      


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