Austin – ein kurzer Eindruck von Texas

Austin – ein kurzer Eindruck von Texas

Hier waren wir nun gestrandet bis übermorgen und bemühten uns, diesem Land am nächsten Tag noch eine zweite Chance für einen besseren Eindruck zu geben.

Am Morgen waren wir wegen des Jetlags natürlich super früh wach, die ersten beim Frühstück und fuhren dann in die Stadt. Das Capitol in Austin ist das größte des Landes, das wäre dann wohl eine Sehenswürdigkeit, die wir uns angucken sollten. Und tatsächlich war es auf den ersten Blick eindrucksvoll, mitten in einem schönen Park. 

Außer uns waren so früh nur ein paar Jogger unterwegs und unzählige Eichhörnchen, die gar nicht scheu waren. Um draußen zu joggen muss man hier schon sehr sportlich sein und die Figur eines Leistungssportlers haben, andernfalls, schäm dich, versteck dich drin. 

Am Morgen war es noch ganz schön kalt, wir hatten ja nicht für Texas gepackt. Also suchten wir schnell den Eingang und waren die ersten Besucher. Unter der hohen Kuppel hängen auf den mehrstöckigen Galerien die Bilder aller Gouverneure. Über die breiten alten Holztreppen konnten wir fast ganz nach oben. Seitlich zweigen auf allen Etagen Gänge mit schicken großen Holztüren zu Büros ab und selbst die Aufzüge sind mit Holz verkleidet und verziert. Die Bibliothek war leider geschlossen, aber wir konnten den Sitzungssaal mit der hellen Glasdecke besichtigen. 

Draußen war es bald auch etwas wärmer und wir schlenderten noch etwas mit den Eichhörnchen durch den Park und sahen uns die Skulpturen an. Überall zwitscherten die Dohlengrackel, die es schon in großen Schwärmen am Flughafen gab. Sie sehen aus wie dürre Krähen, benehmen sich wie Elstern und machen ein ziemlich schrilles Theater.

Weil wir wenig über Austin wussten, buchten wir erstmal eine Bustour und machten einen Spaziergang zur Starthaltestelle. Verlaufen kann man sich in Austin nicht, alle Straßen sind Schachbrettartig angelegt. In den bunten alten Häusern der Innenstadt gibt es schöne Cafés und niedliche Geschäfte. Vieles war noch gar nicht geöffnet, trotzdem roch es im Ausgehviertel schon überall nach Gras. 

Wir kamen an einem Laden vorbei, der “Floppy Disc Repair”, laut seines neu anmutenden Neonschildes hieß. Ein Eingang war nicht zu sehen. Was ist hier wohl drin?

Die Bustour startete an der Touristeninformation und wir sahen alte bunte Holzhäuser mit gemütlichen Verandas, teilweise einzeln zwischen Hochhäusern verblieben, die Universität und die schöne grüne Gegend am Fluss. Immer wieder entdeckten wir auch das Capitol aus verschiedenen Perspektiven. Außer ein paar Museen gab es aber keine weiteren, wirklichen Sehenswürdigkeiten. Austin ist jedoch auch nicht besonders groß. Wir kamen wieder am Floppy Disc Repair vorbei und der Guide verriet, es sei eine Speakeasy Bar mit Zahlenschloss. Der Code war dann schnell ausfindig gemacht.

Vom Bus aus hatte uns die South Congress Street ganz gut gefallen, wir fuhren mit dem Taxi ganz nach oben und schlenderten den Rest des Nachmittages herunter. Oben suchten wir erstmal was zu Essen und entschieden uns für ein unscheinbares Texmex Fastfood Restaurant, eine gute Wahl, dieses Mittagessen war die Flugverspätung wert. Wir bestellten eine große Portion Nachos mit preisgekrönter warmer Käsesauce, Fajitas mit den leckersten Füllungen, wie gegrillter Lachs, saftiges Steak und Avocado und dazu mexikanische Limonade. Die Grackel lauerten schon auf unsere Reste.

Voll mit Käse zogen wir weiter. Mittlerweile war es recht heiß geworden und wir mussten immer mal wieder in einem der lustigen Läden abkühlen. Der erste Stop war Monkey See Monkey Do, wo die Deko schon fast besser war als das Sortiment, die Grenzen zwischen Sortiment und Deko waren auch eher fließend, alte Spielzeugverpackungen, Zombie Fingerpuppen, kitschige japanische Plastikfiguren, Aufkleber und witzige Kleidung.

Über ein Cowboystiefelgeschäft und einen Kifferbedarfladen mit Kochbüchern für THC arbeiteten wir uns dann weiter nach unten bis zum Süßigkeitengeschäft. Hier gab es sämtliche Gummitiere in Übergröße, Insektenschoki, Legozuckesteine und Diabeteskugeln und eine wirklich schöne Deko. 

Langsam wurde es voll auf der South Congress Street, beliebt bei Familien und Perversen. Neben dem Eisladen ließ ein Mann die Hosen runter und fummelte sich in der Unterhose rum. Nicht, dass wir sowas nicht auch von zu Hause aus Frankfurt kennen, aber dort dreht man sich betreten weg. Hier scheint es für die Passanten ganz alltäglich zu sein. 

Abends stürzten wir uns nochmal ins Nachtleben, naja, soweit das mit diesem Jetlag eben geht. Wir wollten erstmal unsere Floppy Discs reparieren lassen. Der Code stimmte, die Tür sprang auf und wir bekamen Einlass in eine düstere Cocktailbar, mit abgetrennten Puppenköpfen, Körperteilen in Einmachgläsern, blutverschmiertem Mobiliar und Cocktails mit witzigen Namen. Wir nahmen die Schaukeln an der Bar.  

Nebenan beginnt das Ausgehviertel, jetzt am Abend mit abgesperrten Straßen. Austin ist für Livemusik bekannt, das hatten wir im Laufe des Tages immer wieder mitbekommen. Genau genommen gab es in jedem Laden Livemusik, sie war nur nicht immer besonders gut. Das lag aber vielleicht auch am Sonntagabend. In vielen Kneipen konnte man auf einem mechanischen Bullen reiten. Wir suchten uns einen größeren Pub aus, wo die Musik ganz ok war, eine durchschnittliche Coverband. Neben der Band gab es auf der Dachterasse noch alle möglichen Spiele, Spielautomaten und Ufo Catcher. Bei den meisten Automaten konnte man Sexspielzeug gewinnen. 

Eine der Uberfahrerinnen hatte uns am Nachmittag empfohlen lokales Bier zu probieren. Hier gibt es viele kleine Brauereien, wir hatten auch eine mit Kölsch gesehen. In diesem Pub erwischten wir tatsächlich eine sehr leckere Sorte IPA, das sogar mir schmeckte.  

Draußen sammelten sich bestiefelte, oberkörperfreie Rikschafahrer, mit bunt blinkender Deko, die überwiegend ältere, oft deutsche Touristen durch die Stadt kutschierten.

Ja, Austin hat seine Chance genutzt und war am Ende doch ganz schön, nun aber weiter.

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