
Aurlandsfjord und Bergen – Zugfahrt mit Fabelwesen – Folgt ihr nicht in die Berge!
Der Aurlandsfjord sollte unser nächstes Ziel sein, auf dem Weg dort hin gab es aber erstmal atemberaubende Landschaften. Am Fjord entlang wunderten wir uns, wie viele Wasserfälle über eine einzige Felswand fließen können und bald führte uns eine Umleitung über einen schmalen Feldweg in die Berge, durch saftige Wiesen und kleine Wälder und vorbei an hübschen bunten Bauernhöfen, und wieder hinunter zum Fjord. Die steilen Felswände wichen hier flachen Wiesen und im Fjord gab es winzige bewachsene Inseln, deren Minilandschaft sich im ruhigen Wasser spiegelte.
Schließlich führte uns die Straße wieder nach oben, so weit, dass zwischen Eis und Schnee und sprudelnden frostigen Bächlein nur noch flache Sträucher wuchsen. Eine zweite Jackenschicht musste beim Aussteigen her. Die Landschaftliche Vielfalt in diesen wenigen Stunden war überwältigend, um nur eine einzigen davon zu sehen hätten wir anderswo eine längere Wanderung unternommen.
Kurz vor Aurland durchquerten wir den Lærdalstunnel, der längste Straßentunnel der Welt, die 25 km schienen kein Ende zu nehmen und doch war die Durchfahrt irgendwie interessant. Wie auch bei den vorherigen Tunnel sind die Wände nicht glatt, sondern höhlenartig uneben. Alle paar km gibt es eine größere Höhle mit blauer oder grüner Beleuchtung. Und dann plötzlich wurde es hell und wir erreichten das hübsche Aurland, bunte Häuser und blühende Gärtchen unter einer überwältigenden Felswand. Der Fjord ist hier breit und sieht fast aus wie ein See.
Am anderen Ende des Fjords liegt Flam und das gleichnamige wunderschöne Tal. HIer stiegen wir vom Auto in den Zug um. Flam liegt eingerahmt zwischen steilen und am oberen Ende schneebedeckten Felswänden und auch hier ergießen sich die schönsten Wasserfälle ins Tal. Vom Parkplatz muss man allerdings erstmal eine Outdooroutlet- und Souvenirshophölle meistern um zum Ticketschalter zu kommen. Die Flambahn verbindet die Züge von Bergen nach Oslo, aber man kann auch einfach nach oben bis Mydal fahren und die nächste Bahn wieder zurück nehmen. So konnten wir beide Seiten des Tals bestaunen.
Unten fällt das Tal flach in zartem Grün zum Fjord ab und nach dem ersten Tunnel rauscht ein 140 Meter hoher Wasserfall frei in die Tiefe. Immer wieder rauscht und plätschert es auf beiden Seiten der Zugstrecke und kleine Täler falten sich zwischen schroffen Felsen auf. Immer wieder durchquerten wir kleine Tunnel, hinter denen die nächste spektakuläre Aussicht wartete oder der Zug sich überraschend komplett gedreht hatte. Auch draußen gab es so enge Kurven, dass wir den Zug in der Landschaft sehen konnten.
Über eine Durchsage erfuhren wir, dass die Bahnstrecke erst in den 40ern fertig gebaut worden war und der größte Teil der 20 Tunnel mit der Hand gegraben wurde. Mit der gleichen informativen Stimme warnte die Durchsage vor der Huldra, eine Sagengestalt, die Wanderer mit Gesang und Tanz in die Berge lockt.
Auf halber Strecke hielten wir an einer Aussichtsplattform am Wasserfall Kjosfossen und durften aussteigen. Der Wasserfall tost hier frontal auf die Plattform zu um sich darunter ins Tal zu ergießen und überzog die gesamte Landschaft mit einem feinen mystischen Nebel. Plötzlich war Musik zu hören und eine Frau im roten Kleid tauchte auf einer Ruine neben dem Wasser auf, tanzte und sang, verschwand und tauchte im gleichen Moment an anderer Stelle auf, doch war da nicht im Nebel ein langer dunkler Schwanz zu erkennen?
Myrdal hatten wir uns größer vorgestellt, der verschlafene Ort besteht nur aus einer handvoll bunter Holzhäuschen zwischen verschneiten Bergen. Der riesige Bahnhof wirkt dazwischen fast etwas fehl am Platz. Neben den Personenwaggons wurden dem Zug nun noch weitere Wagons angehängt, die aus einem Güterzug befüllt wurden. Mit der Bahn werden scheinbar auch die einzelnen Häuser an der Strecke beliefert, mitten im Nirgendwo stieg jemand mit einer Waschmaschine aus.
Zurück im Tal fuhren wir wieder ins verschlafene Aurland, von hier führt der Snovegen hinauf in die steilen Felswände. Erstmal mussten wir aber die steilsten Kurven der Serpentinenstraße bei immer spektakulärer werdender Aussicht meistern. Je weiter wir nach oben kamen, um so mehr wirkte der kleine Ort mit seinen grünen Wiesen wie ein Spielzeugdörfchen an dem mächtigen Fjord.
Dann wurde unsere Fahrt unterbrochen. Eine Schafherde fand die Straße ziemlich gemütlich, blökend machten sie uns deutlich, dass wir hier nichts verloren hatten, keines machte Anstalten auszustehen. Nur vor dem Milchtraktor hatten sie etwas Respekt. Der fuhr die halbe Nacht hier durch die Gegend um auf allen Höfen Milch einzusammeln, und hatte für eine aufmüpfige Schafherde keine Zeit.
Bald waren wir oben und erreichten den Aussichtspunkt Stegastein. Eine Holzterrasse, die wie ein Wasserfall in die Landschaft gebaut ist und vorn ins Tal fällt. Davor gibt es eine schräge Scheibe auf die man sich lehnen und auf das Spielzeugdörfchen im Tal schauen kann. Ein bischen mutig muss man dafür sein. Zu beiden Seiten erstrecken sich die steilen Felsen hoch aus dem Wasser und schieben sich in der Ferne wie ein Reißverschluss voreinander. Ein paar einzelne Wolken zogen durch die Schlucht und sorgten für eine mystische Atmosphäre. Weil es schon ziemlich spät war, hatten wir den Aussichtspunkt fast für uns allein, nur ein paar der Schafe hatten sich nach hier oben verirrt.
Am Morgen gab es ein kleines Abenteuer, Stromausfall auf dem Campingplatz. Aber gehört das nicht auf Reisen dazu, dass es ab und zu nur eine kalte Dusche gibt? Also kein Problem, einfach schnell drunter? Ich hätte verzichtet, hätte ich geahnt, dass das Wasser hier direkt aus den Schmelzbächen der Berge kommt und eine Dusche ernsthafte Schmerzen verursachen kann. Leider war das Shampoo schon im Haar.
Darauf ein heißer Kaffee und weiter gings nach Bergen. Pünktlich zum Mittagessen erreichten wir die Stadt und freuten uns auf den Fischmarkt, den wir uns allerdings etwas fischmarktartiger vorgestellt hatten. Erst nach längerer Suche fanden wir zwischen den touristischen Fressständen ein leckeres Fischbrötchen mit geräuchertem Lachs. Einfach nur ein Stück Fisch gab es hier garnicht zu kaufen, sondern hauptsächlich überteuertes Streetfood auf Plastiktellern. Gegenüber der Bryggen, die das Stadtbild prägen gibt es im Hafen einige Bänke. Von Möwen umringt genossen wir den Ausblick beim Lachsbrötchen.
Die alten Hansehäuser erstrecken über das gesamte gegenüberliegende Ufer. Wir schlenderten hinüber. Das kleine Hafenviertel ist fast komplett aus Holz, sogar einige Böden der schmalen Gassen zwischen den Häusern. Oft sind die Häuser oben breiter, sodass es sich manchmal eher um tunnelartige Gänge handelt. Mittendrin gibt es kleine Cafés und Galerien. Leider beherbergt aber mindestens jedes zweite Haus einen Souvenirshop und die Atmosphäre der Stadt leidet deutlich unter den Kreuzfahrttouristen die hier mindestens täglich einfallen. Ein wirklich hübsches Postkartenmotiv, aber den Umweg doch nicht so richtig wert.
Etwas mehr sprach uns die kleine Altstadt nebenan an, zwischen kleinen Restaurants und Cafés, in denen sich die Einheimischen tummelten entdeckten wir eine kleinen Galerie an der Kirchenmauer. Von hier ziehen sich schicke Stadtvillen den Berg hinauf und bei einem kurzen Schauer verliefen wir uns in ein riesiges Kostümgeschäft.
Am Abend fanden wir uns auf einem wunderschönen Campingplatz, er sei ausgebucht, aber wir durften uns mit dem kleinen Auto auf die Zeltwiese stellen. Die Zeltwiese liegt direkt am Fjord, in erster Reihe. Bei der traumhaften Sicht über das Wasser und blühende Wiesen ließen wir den Abend ausklingen, für diesen idyllischen Abend hat sich die Fahrt nach Bergen dann doch gelohnt.