Seoul – Tee, Kochshow und Barbeque

Seoul – Tee, Kochshow und Barbeque

Auch wenn wir den Rest des Urlaubs hier verbringen könnten, war heute vorerst unser letzter Tag in Seoul. Frühstück gab es wieder von Paris Baguette, einer koreanischen Cafékette mit den leckersten Sandwiches. Die Filiale liegt eigentlich im nächsten Block, aber als ich mich das erste Mal dorthin auf den Weg machte, dachte ich, ich sei längst vorbei, weil es auf den 100 Metern noch unzählige andere Cafés und Restaurants gibt. Diese Stadt ist so unglaublich dicht besiedelt.   

Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg nach Bukchon, dieses Mal gleich zu Fuß, die eine Bushaltestelle lohnt sich ja doch nicht. Der Übergang von der Hauptstraße in das Hanok Dorf ist fließend und so bogen wir schon unterwegs mal in Gassen mit traditionellen Holzhäusern ab. Bald schlängelten sich diese dichter den Berg hoch und mehr Touristen im Hanbok, einem traditionellen Kostüm, tauchen in den Straßen auf. Manche Gassen, die mit den besonders schönen Häusern oder besonders guter Aussicht, wie gegenüber auf den Seoultower, waren ganz schön voll. Andere sind für Touristen ganz gesperrt oder nur zu bestimmten Uhrzeiten offen. Ab und zu quetschte sich ein Auto durch die Besuchermassen. 

Die Häuser hier sind einfach wunderschön, unten gemauert und oben Fachwerk oder ganz aus Holz. Dort wo wir einen Weg aus dem Trouble fanden, herrschte eine rustikale, fast ländliche Atmosphäre. Besonders schön war auch immer ein Blick über die alten geschwungenen Dächer. 

In einer der ruhigen Straßen standen wir vor einem Teehaus mit einladendem, schattigen Innenhof. Der Kaffee vom Frühstück war noch keine Stunde her, aber was solls. Hinter der Papiertür zogen wir gerade noch die Schuhe aus, als uns schon jemand begrüßte und einen Sitzplatz anbot. An den winzigen Tischchen sitzt man auf einem Kissen am Boden. Die Hofseite des Hauses besteht aus Fenstern, dickere Wände für den Winter hingen mit Seilen an der Decke. Zu Matcha und Orangeneistee gab es winzige ausgefuchste Süßigkeiten. Zitronengelee in echter Schale, mit echten Blüten dekorierte Mochi, Reiskuchen und Mandeln.

Nach dem Tee versuchten wir uns an die ruhigeren Gassen zu halten und kamen bei einem vermeintlichen Souvenirladen vorbei. Ich brauchte noch ein Notizbuch und drin gab es, wie so oft, alles mögliche mit Tiger und Elster. Hier erfuhren wir, was es damit auf sich hat. Man sollte beides zu Hause haben. Der Tiger beschützt das Haus, die Elster bringt gute Neuigkeiten. Wir schauten uns noch etwas das hübsche Kunsthandwerk in dem Laden an, denn er war klimatisiert, und landeten schließlich bei teurem Geschirr, das irgendwie alt aussah und gar keinen Preis hatte. Jetzt erst bemerkten wir, dass der Souvenirladen ein Museum war und bezahlten zum Notizbuch schnell noch den Eintritt. 

One Ticket, one Drink, sagte der Kassierer und wies auf den Garten. Da hätten wir was verpasst, wenn ich kein Notizbuch gebraucht hätte. Draußen plätschern Wasserspeier in zwei Becken, die von einer kleinen Steinbrücke überquert werden. Der Weg dahinter führt zu einem alten Tor. Rings herum wucherten Blumen und wo Wasser ist, Lotus. Auf den dicken Blüten tummelten sich zutrauliche Schmetterlinge. Die Ziegeln der alten Mauern sind mit Blumenmustern verziert und überall gibt es kleine Statuen, Buddhas, Tiger und andere Tiere. Ein Rundweg führt in die andere Richtung zum Innenhof eines Hanok, das ähnlich aufgebaut ist, wie das Teehaus. Hier in der Mitte des Landes sind die alten Häuser L-Förmig oder C-Förmig, kühl im Sommer, aber geschützt im Winter. Für den Winter gibt es eine Fußbodenheizung und da kann scheinbar alles mögliche rein. Stühle, Schachteln, Reisig und Strohhüte. Im Hof liegen weitere Teiche und Beete, es war so idyllisch.

Eine schmale alte Steintreppe führte uns auf die Dachterrasse des Cafes, davon gab es zwei und wir hatten die Auswahl zwischen alten Dächern und Bergen oder Stadtblick mit Seoultower. Wir wählten ersteres. Dann standen wir wieder vor einer langen Teekarte. Koreaner gießen scheinbar alles auf, was sie finden, so war es auch kein Problem, dass das schon der zweite Tee des Nachmittags war. Wir entschieden uns für eine andere Orangenvariante und Pinie auf Eis. Während wir von Schmetterlingen umschwirrt die Aussicht genossen, gesellte sich die Frau, die den Tee ausschenkte zu uns, sie lernte gerade Deutsch und hatte uns reden gehört.

Zurück in den Trubel der Großstadt, wir erwischten gerade einen Bus zu unserer Wohnung. Beim Aussteigen fiel uns ein, dass wir da garnicht hin wollten. Also bogen wir in die andere Richtung ab und schon waren wir in Insadong, eigentlich ein reines Touristenviertel, aber dennoch geschmackvoll. Auf der breiten Hauptstraße reihen sich Geschäfte mit Kunsthandwerk, Snackstände und Restaurants aneinander. In den Seitenstraßen gibt es Hanoks mit Läden und Teehäusern. Aber Tee hatten wir jetzt wirklich genug. So stöberten wir zwischen Masken, Namensstempeln und Süßigkeiten und kauften uns endlich mal Obst im Fachgeschäft. Bisher hatten wir nämlich in dieser riesigen Stadt noch keinen einzigen Supermarkt gefunden und im Conveniencestore ist Obst das denkbar teuerste Produkt. 

Dann entdeckten wir eine mehrstöckige Ladengalerie mit Bäumen auf dem Dach und bespraytem Treppenhaus. Im Hof wurden traditionelle Spiele gespielt und seltsame Snacks verkauft. In den offenen Galerien der Designerläden gab es handgefertigten Schmuck, T-Shirts und Bilder, wundervoll zum Bummeln. In einem langen Gang waren sowas wie riesige hölzerne Kaugummiautomaten aufgereiht, aus denen man eine Kugel mit Horoskop für jedes Sternzeichen ziehen konnte. Die Kugel musste man dann mit einem Hammer aufschlagen. Mein Horoskop als Schwein prophezeite Hilfe von der Familie Kim, haha, einer der häufigsten koreanischen Nachnamen und hilfsbereit sind die Leute hier alle.

In den zahlreichen Convenience Stores hatten wir uns nach und nach schon mit den koreanischen Snacks vertraut gemacht und holten uns ein Kimbap. Eine in Folie eingewickelte Reisrolle, die etwas an Sushi erinnert, aber ganz andere Füllungen hat und außen fettig ist, damit man sie gut in der Folie nach oben schieben kann. Manchmal ist der Reis auch scharf oder in Soße gekocht.           

Am Abend fuhren wir ins Nanta Theater nach Myeongdong. Es hatte angefangen zu regnen, aber auf dem Markt war trotzdem noch die Hölle los. Durch die Menschenmenge schlängeln wir uns zum Theater, im zweiten Stock eines Hochhauses. Die Vorstellung scheint es nach den Plakaten zu urteilen schon seit Jahren zu geben. Ohne viel Text ist das Stück optimal für Touristen. Es geht um die Hochzeit des Chefs, für die ein Menu zubereitet werden muss und dann kommt auch noch dessen Neffe und stiftet Chaos. Eingang und Ticketschalter sind thematisch passend mit Töpfen und anderen Küchenutensilien dekoriert.

Gekocht wurde mit echtem Essen, das später auch Leute aus den ersten Reihen probieren mussten, zwischendurch passierten allerlei Missgeschicke, jemand steckte im Mülleimer fest und das allseits beliebte, zwei Meter hohe Tellerstapel tragen, durfte natürlich auch nicht fehlen. Einerseits ganz schön klamaukig, aber dennoch waren die Tänze und Akrobatik mit Messern und Kohlköpfen ziemlich beeindruckend. 

Während der Vorstellung bekamen wir eine Warnmeldung aufs Handy, der Regen war stärker geworden, man soll sich von Flüssen fernhalten und einzelne U-Bahnstationen waren gesperrt. Wir arbeiteten uns von einem trockenen Laden zum nächsten in Richtung U-Bahn vor. Nach der Kochshow waren wir ganz schön hungrig, aber noch unentschlossen, was wir essen wollten, das Angebot in dieser Stadt ist einfach zu groß.

Erstmal legten wir noch einen Trockenstop in einem Gachapon Haus ein, von außen komplett rosa, mit einer großen Schleife am obersten Stock. Auf mehreren Stockwerken gab es hunderte Automaten, unten mit allem möglichen nutzlosen Plastikkram, von Pokemon über Plastikshushi bis zu Minielektrogeräten, in der Mitte, schrille kleine Ufograbber und ganz oben Gachas zum rosa Puppenhaus einrichten. Ja, hier tummeln sich bei Regen die Erwachsenen, zwischen schriller, sich immer wiederholender Musik und hektischen, bunt blinkenden Lichtern. Lustig zu besichtigen, aber hier zu arbeiten muss ein Alptraum sein. Einige Automaten wurden gerade aus großen Säcken nachgefüllt. 

Und dann fiel uns der Taxifahrer vom Flughafen wieder ein, wir sollten in Seoul Barbeque essen, das war ihm sehr wichtig. Da hatten wir doch vorhin in Insadong mehrere ansprechende Läden gesehen, nichts wie hin. Die U-Bahnstation in Insadong war trocken und wunderschön begrünt, obwohl unterirdisch.

Der Laden, den wir aussuchten, befand sich in einem der alten Häuser in einer Seitenstraße. Zwischen tropfenden Dächern schlängelten wir uns durch das Altstadtlabyrinth. Jetzt am Freitag Abend war es natürlich voll, aber wir hatten Glück und mussten nur kurz auf den Hockern draußen warten. Der Tisch war schon frei, aber die Reinigung nach der Grillschlacht ist scheinbar etwas aufwändiger. Bald wurden wir reingebeten und schlitterten über den fettigen Boden zum Tisch, in den gleich ein frischer Kohlegrill gestellt wurde. Noch bevor wir richtig saßen, wurden Beilagen und Soßen aufgetischt und ein Lätzchen gereicht. Unser erster Restaurantbesuch in Korea, wie aufregend. 

Wir suchten uns Fleischsorten aus und bestellten als Beilage eine kalte Buchweizennudelsuppe und einen Meeresfrüchteeintopf, der Tisch war aber bald schon voll, mit Dingen, die wir nicht bestellt hatten. Blätter zum Fleisch einpacken, eine große Suppe aufs Haus, Knoblauchzehen und noch mehr Soßen und Dips. Die Bedienung grillte für uns, wichtigstes Utensil dabei war eine Schere. Aha, so haben die Koreaner also das asiatische “kein Messer am Tisch” Problem gelöst. Servietten und Stäbchen werden in einer Schublade im Tisch versteckt. Was das Restaurant aber mit allen Marktständen gemeinsam hat: Ventilatoren werden immer so platziert, dass es unmöglich ist, eine Serviette auf dem Tisch liegen zu haben.  

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