
Opole und Zalipie – kleiner Roadtrip mit Holzhäusern
Das Wetter war chaotisch, jeden Tag anders und unvorhersehbar, Regen, brütend heiß, alles abwechselnd und wer will schon im Regen sitzen, wenn 50km weiter am Badesee die Sonne scheint. In Zentralpolen gibt es kaum Campingplätze, das machte unsere Reise für die nächsten Tage noch chaotischer.
Entlang der Karpaten fuhren wir nach Osten. Erster Stop, das Museum des Oppelner Dorfes. Polen ist berühmt für seine schönen Freilichtmuseen. In Opole gab es aber davor noch einen Snack, in einem unscheinbaren Restaurant in einem Hinterhof. Hier drehte sich alles um Filme und Pfannkuchen. Es gab sogar Nudelauflauf aus Pfannkuchen.
Im Museum war unter der Woche wenig los. So hatten wir die volle Aufmerksamkeit der Guides, die vor einzelnen Häusern auf Gäste warteten. Die ersten Highlights, waren zwei riesige Holzmühlen und die Holzkirche des Dorfes, mit ihrer geheimnisvollen Atmosphäre.
Auf dem dahinter liegenden Bauernhof wurden wir schon erwartet. Die Guide bot uns einen Platz auf der Küchenbank an, schilderte das Leben in dem alten Haus und zeigte uns die unglaublich praktische Einrichtung, die uns allein garnicht aufgefallen wäre. Der Herd hatte einen integrierten Wasserkanister. In den Schubladen unter dem Tisch war die “Spühlmaschine” also zwei Schüsseln. Der Schrank hatte winzige Schubfächer für Gewürze. So geht das also, auf so kleinem Raum. Bis zu 10 Personen lebten hier zusammen. Hinten in den Vorratskammern gab es Eingemachtes und gegenüber durften wir noch in die gute Stube, die nur Sonntags genutzt wurde.
Ein anderer Guide zeigte uns die Schule, wo alte Deutsche Fotos und Schulbücher ausgestellt waren. Als seltsamen Brauch zeigte er uns ein Kind mit Zuckertüte, die gibt es in Polen scheinbar nicht.
All die urigen Holzhäuser haben ein kleines, etwas verwildertes Vorgärtchen, mit dicken, bunten Blüten und Kräutern und weiße Spitzengardinen vor den kleinen Fensterchen. Es gab Ziegen und Pferde und auf den Wiesen alte Bienenstöcke. In der Mitte des Dorfes liegt der kleine Mühlteich. Hier wurden wir durch eine Kneipe und einen Laden geführt. Alle Schilder und Plakate im Museum sind deutsch und ich fragte mich, ob es nicht ganz schön seltsam ist, als Gesellschaft in einer Gegend zu leben, die keine Geschichte in der eigenen Kultur oder Sprache hat.
In einem großen Bauernhaus entdeckten wir noch eine bunte Kunstausstellung mit polnischer Mythologie und Folklore.
Der nächstgelegene Campingplatz war anderthalb Stunden entfernt, in Gacki an einem Badesee. Anderthalb Stunden ging es durch eine flache, aber reiche Gegend. Der graue zerbröselte Putz wurde nach und nach durch schicke Neubauten ersetzt. Viel Landwirtschaft gibt es hier, aber keine Autobahn und keine Sehenswürdigkeit. Nur die vereinzelten alten Holzhäuser boten etwas Abwechslung.
In Gacki war jetzt am Wochenende natürlich die Hölle los, der Campingplatz fühlte sich an wie ein Festival und wir suchten uns ein etwas abgelegenes Plätzchen, oben am Berg. Die kleine Wanderung zum Bad unten am See nahmen wir gern in Kauf.
In den letzten Tagen war uns schon langsam der Verdacht gekommen, dass Polen gern mal was vergessen. In jedem Bad gibt es zurückgelassenes Duschbad und es war auch schon ein Schlafi und ein aufgeschlagenes Buch dabei, Handtücher sowieso. Aber hier wurde das Vergessen auf die Spitze getrieben, an den Waschbecken gab es elektrische Zahnbürsten und sogar ein Handy und in der Dusche hing vergessene Unterwäsche.
Am Morgen fuhren wir wieder ein Stück nach Süden, nach Zalipie. Das Dorf ist für seine bemalten Holzhäuser berühmt und schon auf dem Weg hierher kamen wir an einigen vorbei. Wir brauchten eine Weile, bis wir schlau aus dem Örtchen wurden, denn die Häuser liegen einfach wild in der Landschaft verstreut, einen richtigen Ortskern gibt es nicht. Nur eine Souvenirhütte kündigte an, dass wir da waren. Wir folgten den anderen Spaziergängern und fanden schließlich auch einen Übersichtsplan.
Die meisten Holzhäuser haben mindestens irgendwo ein Blumenmuster, ganz ohne darf man hier wohl nicht wohnen. Viele sind komplett angemalt und auf einigen Grundstücken ist sogar alles verziert, vom Bienenstock bis zum Brunnen. Einzelne Häuser sind schon älter und verwuchert, wie Hexenhäuser. Wo weniger bemalt ist, gibt es dichte echte Blumenbepflanzungen und an einer Scheune füllte gerade eine Malerin die letzten kahlen Flächen.
Nach dem großen Spaziergang durchs Dorf war es Zeit für eine Pause, außerdem zog mal wieder ein Gewitter auf und verfinsterte all die leuchtend bunten Bauernhöfe. So suchten wir besser einen Ort zum Unterstellen, mit Softeis. In Polen gibt es an jeder Ecke riesiges buntes Softeis, immer in anderen Geschmacksrichtungen, heute Kiwi.
Anschließend fuhren wir noch zur Kirche. Von außen völlig unscheinbar, von innen eine Überraschung. Auch hier fanden wir die bunten Blumenmuster, einen bemalten Altar und ein Kreuz mit Ostereierkette. Neben dem Eingang gibt es eine unglaublich bunt dekorierte Kapelle mit schrillem Deckenbehang.
Wegen der Campingplatzknappheit mussten wir später wieder eine Weile bis zum nächsten Campingcluster fahren. Entweder gibt es mehrere hundert Kilometer keinen oder mindestens fünf Campingplätze nebeneinander. An diesem Abend gerieten wir in einen Ferienpark, mit parkplatzähnlichen Parzellen von denen noch genau eine frei war. Glücklicherweise hatte in der jemand seine Erdbeeren vergessen, sonst hätten wir den anderen Teil des Platzes übersehen. Auf der anderen Seite gab es eine riesige Wiese, mit hohen Bäumen am Fluss, Ziege und Schaf, die wohl nicht nur uns beinahe verborgen geblieben war. Nur wenige Leute hatten sich an dieses idyllische Fleckchen verirrt.
Am Morgen fiel uns der Aufbruch schwer, lieber noch ein bisschen unter den Bäumen sitzen. Aber wir wollten ja noch nach Masuren.