
Bomarzo und Neapel – Pizza, Monster und Grusel-Berufsverkehr
Dieses Mal waren wir schlauer, Winterreifen klar, aber wir packten auch noch Schneeketten ein und das Ergebnis war das Erwartete: Bombenwetter, mäßig viel Verkehr und pünktlich zum Abendessen erreichten wir unseren Zwischenstopp in Umbrien. Das erste Mal im Autobahnhotel, dafür war es gar nicht schlecht und es verschaffte uns, touristenfreundlich, noch einen Tag länger Zeit, um uns auf das italienische “Frühstück” vorzubereiten. Klebrig-süße Teilchen schon mal probieren, aber erst nach dem Käsebrot. Und Frühling war hier auch schon.
Am nächsten Morgen besuchten wir den nahegelegenen Monsterpark Sacro Bosco, im 16. Jahrhundert angelegt, ist man sich bis heute unsicher, wofür. Laut Betreiber handelt es sich um einen Zauberwald für Rollenspiele der Adeligen. Ja, die Interpretation leuchtete uns ein. Versteckt in einem Tal erwarteten uns zwischen leuchtend grünem Moos und Wurzeln seltsame Statuen, Teiche, Wasserfälle und Gebäude, die gut in ein Märchen passen. Hier ein schiefer Turm, dort ein kleiner Tempel und hinter jeder Ecke lauerte ein anderes Ungeheuer, einst waren einige Plätze auch durch unterirdische Treppen und Gänge verbunden.
Über dem Park thront das alte Städtchen Bomarzo, wie eine Festung. Kaum drin hatten wir uns in den schmalen verwinkelten Gassen auch schon verlaufen, aber nicht ganz, nach oben geht es immer zur Burg und nach unten aus der Stadt raus. Von den Gässchen führen steile Treppen zu den Häusern und oben angekommen wartete eine Wahnsinns Aussicht, über Weingüter und kleine Höfe und den neueren Teil der Stadt auf dem gegenüberliegenden Hügel.
Am Fuß des Hügels fanden wir ein kleines Restaurant mit vier Tischen, wo wir uns für die Weiterfahrt nach Neapel stärkten.
Drei Stunden später erreichten wir Neapel, Schluss mit dem beschaulichen Bild. Schon von der Autobahn sieht die Stadt riesig aus, dicht bebaut in alle Richtungen, so weit man sehen kann, ununterbrochene Häuserblocks vom Vesuv bis zu den Phlegräischen Feldern. Das Auto ließen wir in einem Parkhaus in der Nähe des Hauptbahnhofs stehen und hofften, es in ein paar Tagen noch hier vorzufinden, naja, Bahnhofsviertel sind wohl alle gleich.
Dann auf dem Weg zur U-Bahn ging der Berufsverkehr los und die Stadt stürzte ins Chaos. Das wir mehrmals todesmutig die Straßenseite wechseln mussten, bereitete uns auf alles vor, was uns in den nächsten Tagen in dieser vollgestopften Stadt erwarten würde.
Unsere Wohngegend war ruhiger, wir hatten ein Hotel in Chiaia, wo die Straßen etwas breiter sind, sodass es sogar Bürgersteige gibt. Gleich die Straße runter, liegt der kleine Stadtstrand Mapatello Beach, bekannt, aber kein wirkliches Highlight. Doch vom Strand hat man einen guten Blick auf die Eierburg. Wenn das dort eingemauerte Ei zerbricht, geht Neapel unter. So die Legende. Wir hofften, dass das Ei das kleine Erdbeben, das uns am Abend überraschte, gut überstand.
Auf halbem Weg zum Strand liegt die Villa Pignatelli und weil sie direkt um die Ecke lag, war ich neugierig auf das etwas angeschmodderte Gebäude mit kleinem Park. Ich war der einzige Besucher und kam mir vor wie in einem gut erhaltenen Lost Place. Trübe, riesige Spiegel bedeckten die Wände und gruselige Figuren beobachteten mich von den alten Kommoden aus. Hinter dem großen Ballsaal liegt das geheimnisvolle Pompeji Zimmer, dem Stil der Villen in der Antiken Stadt nachempfunden. Auf der anderen Seite gibt es noch eine Bibliothek und ein eingedecktes Esszimmer. Später kam eine weitere Besucherin und der Zauber war vorbei, doch nur ein Museum.
Später erkundeten wir die Aussichtspunkte der Küstengegend noch mit dem Bus, standen aber wegen eines brennenden Autos etwas im Stau und beobachteten den angespannten Stadtverkehr. Die zahllosen Mopeds schlängeln sich natürlich immer irgendwie durch, aber dem ein oder anderen Autofahrer passte das so gar nicht, es wurde gehupt, gepöbelt und gedrängelt, als gäbe es einen Preis dafür.
Oben an unserer kleinen Piazza ging es ruhiger zu, obwohl die 100 Meter zur U-Bahn im Berufsverkehr auch eine kleine Herausforderung waren und überhaupt hörte man rund um die Uhr Autoverkehr auf der Straße. Christian stellte die Theorie auf, dass Leute die ein Auto haben, einfach die ganze Nacht rum fahren müssen, weil es ja keine Parkplätze gibt. Und mir war es ein großes Rätsel, wie das Parken hier überhaupt funktioniert. Alle stehen Stoßstange an Stoßstange, aber der übliche Trick mit der losen Handbremse funktioniert an den steilen Straßen natürlich nicht. Also muss eigentlich in jede freigewordene Parklücke ein Auto rein, was exakt genauso groß ist, wie das vorherige. Gibt es Ärger in der Nachbarschaft, wenn man ein etwas kleineres Auto dort reinstellt? Und wie kommen die Autos rein und raus aus der Parklücke, wenn man die anderen Autos nicht ein bisschen wegschubsen kann?
Für Fußgänger ist sogar die winzige Piazza Amedeo ein kleines Labyrinth, das auch Google Maps nicht so richtig kennt. Überall zweigen winzige Treppen und Gänge ab, zum Beispiel zu einer versteckten Pizzeria, in der Pizzen im Sekundentakt aus dem Ofen geholt wurden. Mindestens 5 verschiedene Margaritas stehen hier auf der Karte und die neapolitanische Spezialität, frittierte Pizza, eine in Fett ausgebackene Calzone. Noch viel beliebter sind Cafés, Süßkram an jeder Ecke und immer voll. Wir probierten uns durch die riesigen Windbeutel mit Pudding und Amarenakirschen und Sfogliatelle, mit Frischkäse gefüllter Blätterteig.
Egal, wo man hier auch sitzt, meistens ist ein schöner Ausblick dabei, auf die schönen Villen oben am Hügel oder unten im Tal. Chiaia war auf jeden Fall eine gute Wahl.
Dann gab es noch die Suche nach dem besten Restaurant am Abend. Wir waren ja nicht zum Spaß hier und in diesem Viertel reiht sich ein leckerer Laden an den nächsten. Nach langer Recherche hatten wir gewählt, auf jeden Fall dieses eine Restaurant, unten an der Hauptstraße. Oder, ach, guck mal, der Laden daneben sieht auch gut aus. Dort bekamen wir frische Trüffel am Tisch gerieben, Thunfisch frisch unter einen Glasglocke geräuchert und zum Abschluss ein frisches Zitronensorbet.