Isla Colón – Bananen, Brüllaffen und Geistervogel

Isla Colón – Bananen, Brüllaffen und Geistervogel

LKW sieht man in Panama so gut wie nie, außer auf dem Weg nach Almirante an der Karibikküste im Westen und alle haben die gleichen weißen Container geladen. Chiquita Bananen, jede einzelne Banane ist in Bocas Del Toro gewachsen. Monokultur der schlimmsten Sorte. Wir trafen jemanden, der mal für Chiquita gearbeitet hat. 400$ verdient ein Arbeiter für das Beladen eines Containers. Wie lange es dauert, bis der voll ist, wollten wir wissen. Wenn man Tag und Nacht durcharbeitet, eine Woche, war die Antwort. Wenn der Container fast voll ist, kommen die Chemikalien dazu, egal ob gerade jemand drin ist. Dann werden alle Container zum Hafen nach Almirante gebracht und von dort in die Welt verschifft. 

Nebenan, an einer Blechhütte mit schmalen Holzstegen, fahren die Schnellboote zur Isla Colón. Wie unterwegs so oft, konnten wir hier wieder das ausgetüftelte panamaische Logistiksystem beobachten, es kamen wieder haufenweise Dinge mit, die niemandem gehören, Elektrogeräte, große Kisten mit Lebensmitteln, die Post. Keine LKW, alles wird irgendwie in Fahrzeuge geladen, die sowieso fahren. Später luden wir sogar in einem privaten Taxi große Kisten zu und auf Colón gibt es sowieso nur Pickups.

Bevor das Boot übers offene Meer raste, fuhren wir durch den besiedelten Mangrovensumpf von Almirante, vorbei an Holzhütten auf Stelzen, teils mit kleinen Gärtchen, idyllisch, aber auch sehr ärmlich und leider mit viel Müll. Dann flog das Boot eine halbe Stunde über die Wellen, bis schließlich die Inseln des Archipels auftauchten und wir den Hafen von Bocas erreichten. Die Küste der Stadt besteht aus Stelzenhäusern, Hotels und Restaurants mit großen Terrassen, darunter klares Wasser und Korallen. Die Boote legen an ebenso schmalen Holzstegen an. Wir kletterten hinaus und holten unsere Rucksäcke am Bug ab. 

Bocas hat einen ganz eigenen Charme, bunte, koloniale Holzhäuser mit umlaufenden Balkonen an staubigen Straßen. Ein Taxi zu bekommen sei nicht immer einfach, schrieb unser Vermieter. Wir sollten jemanden namens Bosco kontaktieren, wenn wir keins fänden. Wer genau Bosco war, fanden wir nicht raus, ein Taxiunternehmer oder einfach ein Nachbar, der Leute und Dinge rum fährt? Wer weiß? Wenn er nicht selbst kam, besorgte er uns jedenfalls irgendein Taxi. 

Als wir ankamen, kam er jedenfalls persönlich. Vorn saß schon jemand im Wagen und die Ladefläche war auch schon recht voll. Wir fuhren noch in einen Supermarkt, wo der andere Fahrgast Getränke holte und zur Tanke, um ein paar Kanister aufzufüllen. 

Manchmal nahmen wir ein Taxi an der Straße und das lief genauso ab. Unterwegs wurden noch Reifen abgeliefert oder ein Umweg gefahren, weil jemand woanders hin wollte. Wenn wir drin saßen, kamen wir aber irgendwann auch zum Ziel. Zeit braucht man auf dieser Insel, zum Glück haben wir davon im Urlaub genug. Die Preise sind fest, 2$ in der Stadt, 4$ zu uns in den Dschungel, 10$ zum anderen Ende der Insel, pro Person. Einsteigen kann man, bis das Auto voll ist. Wann das Auto voll ist, Ansichtssache. In der Rushhour spielten sich interessante Szenen ab. Untermalt wird das ganze meist von lauter, karibischer Musik. 

Wir wohnten 6 km außerhalb im Dschungel, für die brauchten wir aber mindestens eine viertel Stunde. Außerhalb der Stadt gibt es nur noch Strand. Ein paar Steine und ein rotes Plastikbank markieren den Bereich davon, der fest genug ist, um mit dem Auto darauf zu fahren, die “Straße”. Und so schaukelten wir unter Palmen am Meer entlang über die holprige Piste, bis zur Abzweigung in den Dschungel, wo uns Bosco rausließ, uns einen Pfad zeigte und unserem Vermieter hupte. 

Der führte uns in eine Art Baumhaus mit Fliegennetzen statt Fenstern. In der Küche hatte er frisches Obst für uns bereitgestellt und den Kühlschrank mit Bier und Limo gefüllt. Draußen gab es eine Terrasse mit Hängematte, darunter ein kleiner Bach. Um die Terrasse zu nutzen, musste ich mich aber erstmal mit der fetten Spinne davor abfinden, die hatte ein so starkes Netz, dass sogar kleine Äste darin hängen blieben und wurde im Laufe der nächsten Tage immer fetter. Kaum waren wir eingezogen, legten zur Begrüßung auch schon die Brüllaffen los. Morgens weckten sie uns pünktlich bis spätestens fünf, außer am Sonntag. Sie klingen wie eine Mischung aus altem Mann, der einen anzüglichen Witz gemacht hat, Esel und menschlichem Stöhnen. 

Was es hier nicht gibt, ist Leitungswasser. Zum Trinken wird Regenwasser von einem blätterfreien Dach gefiltert. In großen Flaschen konnten wir es unten am Weg einfach mitnehmen. Für die Dusche war ein Tank an unserem eigenen Dach angeschlossen. 

Das ein oder andere Tier schaffte es trotz Mückennetzen in die Hütte. Am Abend hatten wir Chips gegessen und die leere Tüte achtlos in der Küche liegen lassen. Am Morgen hörte ich ein rascheln und uns fiel ein, dass wir eigentlich alles in eine Dose stecken sollten, wegen der “Ameisen”. Ich trug die Tüte nach draußen, für Ameisen war sie recht schwer, und schüttete, was darin war, in den Dschungel. Mindestens zehn Kakerlaken kamen zum Vorschein und flogen in den Wald. Die Hütte war nun vermutlich kakerlakenfrei.   

In der Nähe gibt es einen kleinen, versteckten Strand, schmale Pfade führen zwischen Palmen und Mangroven hindurch, die bis zum Wasser reichen, dazwischen, schattiger Sand. Eigentlich ist diese Seite der Insel ein Surferparadies, nur an diesem kleinen Fleck ist das Wasser ruhig. Allerdings mussten wir erstmal eine Stelle finden, die tief genug zum Baden war. Weiter hinten war noch ein Pärchen im Wasser, sie winkten uns zu sich, dort sei das Wasser gut. Ja, hier konnte man etwas schwimmen, nur nicht besonders weit. Die beiden kamen aus Chile und waren nur für ein Wochenende auf die Insel geflogen. 

Der Strand hatte eine tolle Kulisse, Mangrovenwald am Ufer, einzelne alte Kolonialhäuser zwischen Palmen am endlosen Sandstrand, gegenüber die Isla Bastimentos und in der Ferne die Berge des Festlandes. Wir blieben bis zum Abend und kamen auch in den nächsten Tagen immer mal auf ein Bad vorbei.  

Die Abende verbrachten wir auf der Terrasse und lauschten den Dschungelgeräuschen. Natürlich nicht ohne eine dicke Schicht Deet. Tagsüber gab es kaum Mücken, aber wenn wir es nicht schafften, vor Einbruch der Dämmerung in der Hütte zu sein, wurde der kurze  Dschungelpfad zum Spießrutenlauf. 

Aus der Hängematte ließen sich wunderbar die Fledermäuse beobachten, die jetzt ausschwärmten um wenigstens einen Teil der fiesen Mücken zu verspeisen. Am Morgen kamen sie zurück, um unter unserem Dach oder vereinzelt auch im Zimmer einen Schlafplatz zu suchen. 

Einzelne riesige Glühwürmchen schwirrten über den Bach und die Leguane raschelten in den Bäumen.

Hier ist es stockdunkel und wir brauchten eine Taschenlampe, um den Weg zum Abendessen zu finden. Es gibt ein Restaurant direkt unten am Strand, wo wir den leckersten Smoothie aus Kokosmilch, Bananen und frischem Kakao fanden, und das nächste ist Ciao Pizza, am Ortseingang von Bocas. Dort gefiel es uns besonders gut, nicht nur die Pizza war super lecker, sondern der Laden war auch wahnsinnig gemütlich. Von der Straße durch ein unscheinbares Holztor und dahinter liegt ein Gärtchen mit ein paar überdachten Tischen, einem Pizzaofen und einer Theke.

Auf dem Strohdach über unseren Köpfen aß auch ein Leguan zu abend, er durchwühlte das Palmstroh nach Leckerbissen und wir hatten Sorge, dass er auf der Pizza landet. 

Als wir bestellten, fragte die Bedienung, ob wir die Melodie hören könnten. Aus der Box? Ja. Nein, die Musik änderte sich, aber diese etwas lautere Melodie blieb gleich und klang wie eine Mischung aus Eule und einem jammernden Menschen. Gruselig. Ein Geistervogel, wir hörten ihn noch öfter in den nächsten Tagen klagen, im Dschungel oder wenn wir spätabends am Strand nach Hause liefen. 

Die Brüllaffen weckten die Hähne der Nachbarschaft und beschwerten sich dann über das Krähen, bis sich noch etwas quiekendes vom Bach einmischte. Dann kletterten diese kleinen Äffchen um uns herum durch die Bäume, warfen Zeug aufs Dach und beobachten uns beim Frühstück, so wie wir sie. Jedes mal waren wir überrascht, wie ein so kleines, niedliches Tier so ein lautes, bedrohliches Theater machen kann. Eines Morgens bekamen wir Besuch von einer wundersamen Echse, die ich für ein totes Blatt hielt, bis sie auf mich zu rannte und mit einem riesigen Satz an einen Pfosten sprang.  

An die Luftfeuchtigkeit hier im Dschungel gewöhnten wir uns nach ein paar Tagen und irgendwann fanden wir uns auch damit ab, dass Badesachen und Handtücher einfach nass blieben. Die Leute hier nutzen jede wolkenfreie Minute und hängen ihre Sachen in die Sonne, sogar an der Straße über Leitplanken, jeder Platz, den die Sonne erreicht, wird genutzt. Dafür waren wir allerdings zu tief im Wald, also nahmen wir die Situation so hin wie sie war. Als ich aber bei der Abreise meinen Rucksack aufsetzen wollte, konnte ich ihn kaum heben. Ich wunderte mich, was ich da wohl eingepackt hatte? Ein Äffchen vielleicht? Zurück in Boquete bekam ich die Antwort, all unsere Kleidung fühlte sich an, wie frisch gewaschen und halbwegs gut geschleudert. Der einzige Anspruch an das nächste Hotel, Klimaanlage.

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