Boquete – Frühstück auf dem Vulkan, Kaffee und Wasserfälle

Boquete – Frühstück auf dem Vulkan, Kaffee und Wasserfälle

Der Barú – 3400 Meter hoch und der einzige Ort, an dem man Atlantik und Pazifik vom gleichen Punkt aus sehen kann. 6 Stunden dauert der Aufstieg zu Fuß, 13 Kilometer bei völliger Dunkelheit, denn zum Sonnenaufgang soll es oben besonders schön sein. Ja, wir sind auch zum Wandern hergekommen, aber nicht bei Nacht. Faul ließen wir uns mit dem Geländewagen hochfahren, das dauerte nur halb so lang. Morgens um halb vier wurden wir abgeholt, noch ein Blick ins Tal auf das nächtliche Boquete, dann öffnete uns ein verschlafener Schrankenwärter die Zufahrt zum Wanderweg und wir holperten in den Wald. Ich wusste nicht, dass man solche Wege mit dem Auto fahren kann. Die Fahrer waren zu zweit und immer wieder musste der Beifahrer aussteigen und Steine in den Weg rollen, damit wir über einen Graben fahren konnten, oder aus dem Weg, damit wir vorbei kamen. Wir wurden im Wagen ganz schön durchgeschüttelt. Die Instrumente in der Mitte zeigten die Schräglage an und waren sowohl seitlich als auch vertikal häufig im roten Bereich. Das Auto kletterte mehr durch den dichten nächtlichen Dschungel, als das es fuhr.

Alle paar Kilometer zogen wir ein zusätzliches Kleidungsstück an. Unterwegs hielten wir an und nahmen den Rucksack eines Wanderers mit. Später erfuhren wir, dass immer jemand auf dem Vulkan bleiben muss, alle 8 Tage kommt Ablösung und das war sein Gepäck für eine ganze Woche. Als es langsam dämmerte, sahen wir von einer kleinen Lichtung ein Licht hoch oben vor uns, der Gipfel, fast geschafft.

Oben angekommen, leuchtete der Mond noch hell über Volcán, dem Ort auf der anderen Seite des Berges und es war bitter kalt. Naja, vielleicht 10 Grad, aber das sind eben 25 Grad weniger als in den letzten Tagen. Um das Meer oder besser gesagt, die Meere zu sehen mussten wir noch ein paar Meter zu Fuß weiter nach oben. Die 3000 Meter machten sich sofort bemerkbar, wir hatten ja im Auto keine Zeit uns an die Höhe zu gewöhnen. Etwas orientierungslos verzichteten wir auf den Gipfel und nahmen den ersten Punkt mit Aussicht.

Leider war es bewölkt, sodass wir Atlantik und Pazifik erstmal nur erahnen konnten. Später konnten wir jeweils einen schmalen Streifen hinter den Wolken entdecken. Dennoch oder vielleicht gerade wegen der Wolken war der Sonnenaufgang hier ein beeindruckendes Naturschauspiel. Die Wolken schmiegten sich um den schwarzen Krater und leuchteten in Pink und Orange. Als es heller wurde, konnten wir den Dschungel tief im Krater sehen und entdeckten die taunassen, flechtenbewachsenen Gebirgssträucher um uns herum, die in der aufgehenden Sonne glitzerten. Nach und nach tauchte die Landschaft unter uns im Morgennebel aus der Dunkelheit auf.

Dann gab es Frühstück, am Kraterrand, ein wunderschönes Körbchen mit Kaffee, Kakao, Erdbeeren, Maisbrot, Kuchen und Käse, mit Blumen verziert. In Boquete geht eben nichts ohne Blumen. 

Die Rückfahrt war noch spektakulärer, jetzt sahen wir den Weg und der wäre sogar zu Fuß schon schwierig gewesen. Zum Glück lenkte uns der Hochgebirgsdschungel hin und wieder und von der steilen Abfahrt ab. Dichte, tropfende Moosvorhänge hingen zwischen den verknorzten Bäumen, dazwischen ein Gewirr aus Farn und Lianen und über allem lag ein feiner Nebel, eine mystische Landschaft, die sich mit abnehmender Höhe immer wieder veränderte.

Alle paar Kilometer zogen wir ein Kleidungsstück wieder aus. Ab und zu kam uns ein Auto entgegen und das vorbeirangieren war jedes mal abenteuerlich, einer hatte einen großen Toilettentank hinten drauf, der war auf dem Weg nach oben natürlich leer, aber auf dem Rückweg, ohoh. 

Gegen halb zehn waren wir zurück im Tal und hielten es für eine gute Idee, noch etwas Schlaf aus der Nacht nachzuholen. Der Vogel vom Balkon sah das allerdings anders und klopfte unermüdlich gegen die Scheibe.            

Neben Blumen und Erdbeeren wächst hier im nebligen Hochland natürlich der Kaffee sehr gut. Das wollten wir uns angucken und probieren. In Boquete, und nur hier, wird der teuerste Kaffee der Welt angebaut, Geisha, den es nur in ganz kleinen Mengen gibt, weil die Pflanze nicht sehr ertragreich, dafür aber sehr anspruchsvoll ist. Je nach Qualität kann das Kilo weit über 1000$ kosten. Außer man kauft es direkt in Boquete, denn so was Gutes behält man hier auch einfach gern mal für sich. Geschmacklich ist er wohl einzigartig, doch dazu später.

Wir buchten eine Tour auf der Kaffeefarm Don Pepe. Die Farm liegt auf 1100 Metern, denn die Sträucher brauchen die Höhe und den Nebelwald. Unser Guide, Carlos bot uns mehr als eine Kaffeetour, eine Mischung aus ernstem Einblick in das harte Leben der Kaffeepflücker, lustigen Anekdoten aus der Kaffeewelt und spannenden Informationen über den Anbau und die Verarbeitung. Er selbst hatte bereits mit 12 Jahren als Kaffeepflücker auf der Farm anfangen müssen und hatte Glück, dass er nach einer Verletzung als Tourguide bleiben konnte und wir hatten auch Glück, denn die Tour war so spannend. Er erzählte uns auch von den Expats und den Problemen mit der Gentrifizierung in der Gegend und verriet uns, wo die Einheimischen essen. Dann führte er uns über die Plantage, die aussieht wir aus einer Kaffeewerbung. Sonne und Wolken sorgen wieder für das besondere Licht. Die Felder sind schmal und von hohen, schattigen Bäumen begrenzt, besser für die Pflanzen und angenehmer, bei der Ernte. Die verschiedenen Sorten wachsen durcheinander, so sind sie gesünder. Für die Ernte ist das kein Problem, denn sie sind zu verschiedenen Zeiten reif. Zwischen den Sträuchern tummeln sich bunte Vögel. 

Die Ernte ist jetzt schon durch, aber einzelne Früchte hängen noch an den Sträuchern. Reif ist was rot oder gelb ist, wir durften probieren, süß, und die saubergelutschten Kerne zum anbauen mit nach Hause nehmen.

Panama hat nur ein sehr kleines Kaffeeanbaugebiet, ungeeignet für Masse, deshalb konzentriert man sich hier auf die Qualität. Es gibt ausschließlich Arabica Pflanzen, die sind anspruchsvoller an Klima und Boden aber nicht bitter. 

Nach der Ernte durchlaufen die Bohnen einen langen Prozess, werden geschält, fermentiert, getrocknet, und dann nochmal zum fertig trocknen auf großen Betten ausgelegt bevor sie mehrere Monate im Sack ihren Geschmack ausbilden. Immer wenn es anfängt zu regnen, also mindestens täglich, rennen hektisch Leute rum und decken die Betten ab. Beim Trocknen machte auch ein Grashüpfer mit, ein Grund warum man Kaffee besser als ganze Bohne kauft. Gemahlener kann einen gewissen Grashüpferanteil enthalten, der die Qualität schmälert.   

Für Starbucks und Nespresso hatte Carlos natürlich wenig übrig. Nespresso seien die zusammengekehrten Reste. Von Starbucks würdigte er zumindest das Konzept: Kaffee in großen Mengen und zu hohen Preisen an Leute zu verkaufen, die keinen Kaffee mögen. 

Dann kam der leckere Teil der Tour, von den sieben Sorten, die die Farm produziert, durften wir sechs probieren, auch Geisha. Bevor der Kaffee aufgegossen wurde, sollten wir erstmal am frisch gemahlenen Pulver riechen, Geisha stach hier schon heraus, roch mild und eher nach Tee. Mein Favorit war und blieb Catura, der einfach nach Kaffee roch und schmeckte, nur viel besser und ohne bitter. Lecker waren sie aber alle, manche Sorten schmecken süß und leicht schokoladig und alle im direkten Vergleich sehr verschieden. Geisha schmeckt eher nach Tee mit leichtem Kaffeearoma, leicht säuerlich, mild und nach Früchten.            

Am nächsten Tag wollten wir den Dschungel erkunden und entschieden uns für den Lost Waterfalls Trail. Am Morgen war es noch etwas verregnet, perfekt für eine Wanderung, ohne von der Sonne gebraten zu werden. Der Weg beginnt an einem kleinen Dorf aus Blech- und Strohhütten, an einer rostigen Hängebrücke. Hinter der Brücke ging es steil den Berg hinauf, mit traumhaftem Panorama auf die umliegenden Wiesen und Wälder und als wir dachten, wir seien schon fast da, erreichten wir eine Lichtung mit bunten Hortensien und Trompetenblumen, hier bekamen wir einen selbstgemalten Lageplan der Wasserfälle gegen Wegzoll. Das war erst der Start.

Nun ging es tief in den Nebelwald und immer weiter hinauf. Dieser Wald ist unbeschreiblich schön, der leichte Regen und die tropfenden Moose und Farne verleihen der Landschaft eine mystische Atmosphäre, die Pflanzenvielfalt konnten wir kaum erfassen, auf einem einzigen Baum wachsen mindestens zwanzig verschiedene andere Gewächse, andere kleine Bäume, Sukkulenten, Blumen, Lianen, tropfende Flechten, und alles ist dicht ineinander Verschlungen. Die Bäume sind alt und knorrig und der Boden ist bedeckt von Blumen, Farnen und riesigen Blättern. Und es ist laut, das Tropfen und Knistern der Blätter, schrille Vögel und ab und zu Brüllaffen. Überall flattern riesige, bunte Schmetterlinge und große Insekten. Hin und wieder huschte eine große Eidechse über den Weg. 

Wir gingen erst zum zweiten Wasserfall und auf dem Rückweg zum ersten, so wollte es der selbstgemalte Plan. Den dritten ließen wir aus, weil der Weg zu glitschig war. 

Der Pfad führte uns zu einem idyllischen Bachlauf, der auf der andern Seite von einer steilen und komplett mit Dschungel überwucherten Felswand begrenzt wird. Von den Bäumen hängen dichte Moosvorhänge über dem Bach und weiter hinten kann man zwischen Bäumen und Farnen schon den Wasserfall erahnen. Ein märchenhaftes Bild. Nur noch ein paar Minuten, dann kamen wir zu einem großen Becken, eingerahmt von bunten Blumen und kleinen Rinnsalen die neben dem platschenden Hauptstrom von der steilen Wand rieselten. Wir erfrischten uns etwas im kühlen Wasser und gingen dann zurück zum ersten Wasserfall, der beim Aufstieg garnicht zu sehen war.

Ein Seil half uns an der Abzweigung und das war hier auch nötig, denn der Weg nach unten ist eine kurze, glitschige Kletterpartie. Unten angekommen, fanden wir uns an einem Aussichtspunkt zwischen blühenden, duftenden Sträuchern und vor uns donnerte der Wasserfall von oben über Felsen in die Tiefe, beeindruckend. Ein perfekter Platz, um die mitgebrachten schrillbunten Erdbeerkuchen zu picknicken, bevor wir den Steilen Pfad wieder nach oben kletterten und den Rückweg antraten. 

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